Tarifkonflikt an Berliner Hochschulen: Unileitung lässt Audimax räumen

Die Polizei beendet die Besetzung der streikenden studentischen Beschäftigten an der TU. 15 BesetzerInnen sollen Anzeigen erhalten.

Frontalansicht des TU-Hauptgebäudes

Hauptgebäude der TU Berlin Foto: dpa

BERLIN taz | „Ihr habt eine Minute Zeit, das Audimax zu verlassen.“ So lautete nach Aussagen anwesender Studierender die unmissverständliche Ansage des Kanzlers der Technischen Universität. In Begleitung von mehreren Dutzend PolizistInnen war Mathias Neukirchen, Teil des fünfköpfigen Hochschulpräsidiums, am Montag um 13 Uhr im größten Vorlesungssaal der TU erschienen. Den etwa 20 Studierenden, die sich gerade auf die nächste Streikversammlung vorbereiteten, ließ er keine weitere Zeit.

Nur eine halbe Stunde später war die seit Mittwoch vergangener Woche andauernde Besetzung für einen neuen studentischen Tarifvertrag beendet und das Audimax geräumt.

„Wir wollten ein bis zwei Stunden Zeit, um aufzuräumen und unsere Sachen mitzunehmen“, sagt Michael Weilandt, studentischer Beschäftigter und ­Mitglied der Tarifkommission. Doch das sei abgelehnt worden. Wenige Studierende schlüpften noch durch die Ausgänge, ehe die Polizei dicht machte und die Personalien der 15 Verbliebenen aufnahm, die ebenfalls freiwillig den Raum verließen.

Die Unileitung hat Anzeige wegen Hausfriedensbruch erstattet. Kein gewöhnlicher Vorgang, wie Weilandt sagt: „Seit fünfzig Jahren gab es keinen Polizeieinsatz an dieser Uni.“ Dem Eingreifen der Polizei gegen Proteste am Rande der Vortragsreihe Queens Lecture im vergangenen November war kein explizites Gesuch der Unileitung vorausgegangen.

Angespannt friedlich

Als das Audimax bereits leer ist, bewegt sich ein Großteil der Studierenden in Richtung Raum 1035, in dem ein runder Tisch zum Zustand der Lehre anberaumt ist. Sie stehen auf der Treppe, die oben von der Polizei blockiert wird. „Studentischer Tarifvertrag. Jetzt!“, schallt es durch die Uni.

Die Gemüter sind erregt, aber nicht überhitzt – alles bleibt friedlich. Kurz darauf geben die PolizistInnen den Weg frei und postieren sich vor dem Büro von Uni-Präsident Christian Thomsen. Dass der sich bei der Räumung nicht hat sehen lassen, nehmen ihm hier viele übel. Einen Brief der BesetzerInnen mit einem Gesprächsangebot, der ihm noch in der Nacht zugegangen war, ließ er unbeantwortet.

Die Unileitung hat Anzeige wegen Hausfriedensbruch erstattet

Die Uni gibt am Nachmittag lediglich eine Mitteilung heraus. Darin heißt es, es habe sich deutlich abgezeichnet, „dass die zahlenmäßige Unterstützung der Besetzung immer geringer wurde. Eine Legitimation durch eine reguläre und ordnungsgemäße Vollversammlung für die Aktion war ebenso nicht erkennbar.“ Verwiesen wird zudem auf die Gefahr von „Vandalismus und Einzug von Uni-fremden Personen“. Eine Gruppe Besetzer widerspricht: „Die Hälfte unserer Debatten im Audimax haben wir darauf verwendet, wie wir den Raum sauber halten.“

Scharfe Kritik kommt von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW): „Es ist besorgniserregend, dass in immer stärkerem Maß Konflikten an den Hochschulen mit Polizei begegnet wird“, sagt Tom Erdmann, Landesvorsitzender in Berlin. „Die Ursachen der Proteste, sich verschlechternde Studienbedingungen, die soziale Schließung der Hochschulen und prekäre Arbeitsbedingungen, werden sich nicht durch einen Polizeieinsatz in Luft auflösen.“ Auch Verdi übt scharf Kritik.

Aus dem Asta heißt es in einer Mitteilung: „Wir verurteilen die einseitige Eskalation vonseiten der Unileitung, noch während des andauernden Warnstreiks die Fronten zu verhärten, indem tarifliche Konflikte mithilfe der Polizei geklärt werden.“

Später dürfen immer zwei Studierende ins Audimax, um ihre Sachen zu holen. Sie tragen Schlafsäcke, Pappteller, sogar ein Schlagzeug heraus. Der seit 4. Juni andauernde Streik der studentischen Beschäftigten wird noch mindestens bis Samstag fortgesetzt. Sie kämpfen um die Ankoppelung ihrer Bezahlung an den Tarifvertrag der Länder. Ihr Lohn wurde seit 17 Jahren nicht erhöht.

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