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: Der Audi-Chef sitzt jetzt in Untersuchungshaft

Im Diesel-Skandal trifft es nun erstmals einen Konzernchef: Die Staatsanwaltschaftwirft Rupert Stadler Betrug vor, ein Gericht nimmt ihn wegen Verdunklungsgefahr in Haft

Das Neue

Überraschung am Montagmorgen: Als Konsequenz aus dem Skandal um illegale Abschalteinrichtungen in Dieselfahrzeugen hat die Staatsanwaltschaft München II in Ingolstadt den Vorstandsvorsitzenden von Audi, Rupert Stadler, festnehmen lassen. Vorgeworfen wird ihm Betrug und mittelbare Falschbeurkundung; darauf stehen jeweils bis zu fünf Jahre Gefängnis. Das Amtsgericht erließ kurz darauf Haftbefehl gegen den Manager, sodass er bis auf Weiteres in Untersuchungshaft sitzt. Als Grund für diese Maßnahme wurde Verdunklungsgefahr genannt. Nach Informationen der Welt soll Stadler versucht haben, Aussagen mit Zeugen und anderen Beschuldigten abzusprechen.

Der Kontext

Die Marke Audi, die zum VW-Konzern gehört, gilt als Keimzelle des Dieselskandals, der vor knapp drei Jahren bekannt wurde. Hier sollen Techniker erstmals eine Software entwickelt haben, die dafür sorgte, dass die Abgasreinigung nur auf dem Prüfstand funktionierte, im realen Betrieb dagegen heruntergeregelt wurde. Insgesamt lieferte der VW-Konzern in Deutschland rund 2,5 Millionen Fahrzeuge mit der illegalen Software aus.

Rupert Stadler arbeitet seit 1990 bei Audi; seit 2003 sitzt er im Vorstand des Ingolstädter Unternehmens, seit 2007 ist er Vorstandsvorsitzender. Aus Verfahren gegen andere Audi-Mitarbeiter steht schon länger der Vorwurf im Raum, dass Stadler frühzeitig über die illegalen Manipulationen informiert war. Er selbst hatte das stets bestritten und durfte seinen Posten im Gegensatz zu VW-Konzernchef Martin Winterkorn behalten. Offiziell als Beschuldigter geführt wird Stadler seit Ende Mai; vor einer Woche durchsuchten Ermittler seine Privatwohnung.

Die Reaktionen

Audi reagierte nur knapp auf die Verhaftung. „Für Herrn Stadler gilt weiterhin die Unschuldsvermutung“, sagte ein Audi-Sprecher. Aus der Politik kamen unterschiedliche Reaktionen: Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer: „Immer klarer wird: Das Tricksen und Betrügen ist in den Konzernen von ganz oben mindestens toleriert, wenn nicht sogar angeordnet worden.“ FDP-Verkehrspolitiker Oliver Luksic sagte dagegen: „Die nun erfolgte Festnahme von Audi-Chef Stadler ist keine Bestätigung des Betrugsvorwurfs.“

Die Konsequenzen

Am Nachmittag trat der VW-Aufsichtsrat zusammen, um über die Verhaftung und Stadlers Nachfolge zu beraten. Die Sitzung dauerte bei Redaktionsschluss noch an. Mehrere Medien berichteten aber unter Berufung auf Konzernkreise, dass Stadler bis zur Klärung der Vorwürfe beurlaubt werden soll. Den Chefposten bei Audi soll demnach zunächst der bisherige Vertriebschef Bram Schot übernehmen.

Profitieren könnten von der neuen Entwicklung die KundInnen der manipulierten Dieselfahrzeuge. Ein nachgewiesener Betrug durch verantwortliche Manager dürfte ihre Chancen erhöhen, VW oder Audi auf Schadenersatz zu verklagen. Die VW-Aktie sank am Montag um 5 Prozent. Malte Kreutzfeldt

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