die dritte meinung
: Homosexuelle Paare können keine Familie sein? Diese Papst-Äußerung ist ignorant, sagt Björn Sieverding

Björn Sieverding

ist Vorstandsmitglied bei NelfaA (Network of European LGBTIQ* Families Associations) in Brüssel.

Geschenkt!

Im Grunde hat Papst Franziskus am vergangenen Samstag ja nur das getan, was man von ihm erwartet hatte: Bei der Audienz von Vertreter*innen eines katholischen Familienverbandes im Vatikan bezeichnete er die Familie aus „Mann und Frau“ als einzige nach dem Ebenbild Gottes und hob dabei mahnend den Zeigefinger. Damit war ihm der Applaus in der überwiegend schwarz-weiß kostümierten Runde gewiss.

Mehr hat der Papst nicht gesagt. Gott sei Dank! Es bleibt also generell noch Spielraum für die Anerkennung anderer Familienformen, für Respekt. Das Ärgerliche ist aber, dass solche knappen Äußerungen – zumal von einem an sich so beliebten Kirchenoberhaupt – dann doch immer auch eine gewisse Allgemeingültigkeit vermitteln.

Die jüngsten Worte von Franziskus haben leider wieder einmal den Bigotten dieser Welt in die Hände gespielt. Dadurch bieten sie konservativen bis rechtspopulistischen Regierungen auch eine neue Rechtfertigungsgrundlage für die fortwährende Diskriminierung von Familien, die der vermeintlich „göttlichen“ Norm nicht entsprechen. Allein in Europa wird dadurch das Wohl von Zehntausenden Kindern und ihren (zum Beispiel gleichgeschlechtlichen) Eltern gefährdet. Ihnen werden noch immer viele Rechte verwehrt oder nur unter Protest zugestanden. Das kann nicht im Sinne eines philanthropischen Papstes sein!

Als Vertreter des Europäischen ­Regenbogenfamilien-Dachverbandes Nelfa, schwuler Ehemann und Papa von zwei bezaubernden Pflegekindern kann ich nur sagen: Selbstverständlich sind auch homosexuelle Paare Familie! Es geht hier doch, weiß Gott, nicht um das bloße Geschlecht oder die sexuelle Orientierung der Eltern, sondern in erster Linie um deren Fähigkeit und Bereitschaft, Kindern Schutz, Geborgenheit und Liebe zu geben.

Meiner Meinung nach wäre Papst Franziskus – der frisch gekürte „Mann seines Wortes“ (Wim Wenders) – mit etwas mehr Weit- und Rücksicht glaubwürdiger.