Kommentar Importe aus Neuseeland: Globalisierter Irrsinn

Die EU will den Handel mit Neuseeland erleichtern. Aber brauchen wir wirklich noch billigere Milch? Der Schaden für die Bauern wäre enorm.

Ein Glas Milch läuft über

Ein Liter fettarme H-Milch kostet beim Discounter lächerliche 61 Cent Foto: dpa

Die Europäische Union sollte ihre Zölle auf Agrarprodukte aus Neuseeland in bisheriger Höhe beibehalten. Internationaler Handel mit Lebensmitteln ist nur dann für alle von Nutzen, wenn er auf das Nötigste begrenzt wird.

Zwar würden wir Butter und andere Molkereiprodukte billiger kaufen können als bisher, wenn sich die EU für das Milchexportland Nummer eins noch weiter öffnet. Aber brauchen wir überhaupt niedrigere Lebensmittelpreise? Schon jetzt sind nur 14 Prozent der Verbraucherausgaben in Deutschland solche für Nahrungs- und Genussmittel. Ein Liter fettarme H-Milch kostet beim Discounter lächerliche 61 Cent. Der gesellschaftliche Nutzen von noch tieferen Preisen ist klein.

Der Schaden aber wäre groß. Denn viele Bauern in Deutschland würden pleitegehen, weil sie Milch nicht so billig liefern können wie ihre neuseeländischen Konkurrenten. Dieses Schicksal würde vor allem die kleinen Höfe treffen, die wegen ihrer geringen Größe meist höhere Produktionskosten pro Liter haben. Hofaufgaben würden zu noch mehr Arbeitslosigkeit in oft sowieso schon wirtschaftlich schwachen Regionen führen: auf dem Land.

Um mehr Milchimporte zu verhindern, müssen die EU und der Deutsche Bauernverband aber auch endlich aufhören, selbst immer mehr Milch in alle Welt exportieren zu wollen. Sonst können sie nicht glaubwürdig zusätzliche Einfuhren abwehren. Sie müssen verstehen: Lebensmittel sind keine Autos, bei denen es eigentlich egal ist, wo sie produziert werden. Denn ohne Nahrung können wir bekanntlich nicht überleben. Und der Rest der Welt auch nicht.

Deshalb sollten alle Staaten oder Wirtschaftsblöcke möglichst unabhängig von Lebensmittelimporten sein, die ja auch von einem Tag auf den anderen ausbleiben könnten. Natürlich brauchen wir den Austausch von Nahrungsmitteln zwischen verschiedenen Staaten zum Beispiel, um Missernten auszugleichen. Aber das sind Ausnahmen, die es nicht rechtfertigen, alle Zölle aufzuheben.

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Jahrgang 1974. Er schreibt vor allem zu Ernährungsfragen – etwa über Agrarpolitik, Gentechnik, Pestizide, Verbraucherschutz und die Lebensmittelindustrie. 2022 nominiert für den Deutschen Reporter:innen-Preis 2022 in der Kategorie Essay, 2018, 2017 und 2014 Journalistenpreis "Grüne Reportage". 2015 "Bester Zweiter" beim Deutschen Journalistenpreis. 2013 nominiert für den "Langen Atem". Bevor er zur taz kam, war er Redakteur bei der Nachrichtenagentur Reuters und Volontär bei der Süddeutschen Zeitung.

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