Die CDU auf 30 Prozent bringen

Der neue CDU-Fraktionschef setzt sich Ziele und wirft dem Senat „miese Verzögerungstaktik“ beim Video-Volksbegehren vor

Von Stefan Alberti

Man könnte meinen, er hätte das alles geplant. Jedenfalls sitzt Burkard Dregger kaum 20 Stunden nach seiner Wahl zum neuen CDU-Frak­tions­chef mit so viel Forderungen vor den Journalisten, als hätte er gewusst, dass sein Vorgänger Florian Graf den Weg frei machen würde. Polizeigesetz verschärfen, Fußfessel für Gefährder, die Videoüberwachung verstärken. Auch Lehrerverbeamtung und viel mehr Wohnungsbabau will er. Aber im Zentrum steht bei ihm klar die Innen- und Sicherheitspolitik, für die er in der Fraktion weiter zuständig sein will: „Das ist Chefsache in der CDU.“

Es gibt Söhne bekannter Politiker, die ungern mit ihren Vätern verglichen werden. Bei Dregger ist das anders. Als er gefragt wird, mit wem die CDU denn das alles umsetzen wolle, sagt er: Am liebsten allein. Ja, das möge unrealistisch wirken, räumt er ein, erzählt dann aber von seinem Vater Alfred, früher Chef der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, der das fast schaffte: Als der 1967 Chef der hessischen CDU wurde, lag die bei 26 Prozent. Bei der nächsten Landtagswahl waren es schon über 39, vier Jahre später 47 Prozent. Was Dregger nicht sagt, ist, dass das trotzdem nicht zum Regieren reichte.

Keine Koalition mit der AfD

„Wir sind bereit, den rot-rot-grünen Senat jederzeit zu ersetzen“, kündigt er an und gibt eine Zielgröße für künftige Wahlen aus: „Nur wenn wir 30 Prozent erreichen, dann können wir eine stabile Zweierkoalition bilden“ – bei der Abgeordnetenhauswahl 2016 waren es 17,8 Prozent, in der jüngsten Umfrage sind es 19 Prozent, ein Prozentpunkt weniger, als die führende Linkspartei hat. Mit welcher Koalition, lässt er offen: Er stehe mit allen Fraktionen in Kontakt. Jetzt solle man aber nicht schreiben, er wolle mit der AfD koalieren, bessert Dregger sofort nach: „Mein prioritäres Ziel ist, dass die AfD zum Verschwinden kommt.“ Seine Methode dazu ist die, die sein SPD-Amtskollege Raed ­Saleh erfolgreich in Spandau bemüht: „Ran an den Bürger, in die Eckkneipen, in die Spätis.“

Gleich am ersten Tag füllt Dregger die Rolle des Oppositionsführers aus, was sein Vorgänger für viele zu wenig tat: Beim Volksbegehren zu Videoüberwachung, initiiert von seinem Parteifreund Thomas Heilmann und Neuköllns Ex-Bürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD), sieht er in der Innenverwaltung „eine ganz klare miese Verzögerungstaktik“. Im Haus von Senator Andreas Geisel (SPD) ist man aus Dreggers Sicht bemüht, die nötige Prüfung des Begehrens auf Rechtmäßigkeit so lange hinauszuzögern, dass es zu spät für einen Volksentscheid parallel zur Europawahl im Mai 2019 ist. „So geht man nicht mit dem Bürgerwillen um, schon gar als eine Koalition, die sich Bürgerbeteiligung auf die Fahne geschrieben hat“, polterte der neue CDU-Fraktionschef.

In der Innenverwaltung reagiert man darauf gelassen. „Wir verzögern nichts, wir prüfen seriös und belastbar“, sagte Geisels Sprecher Martin Pallgen der taz. Die seit Einreichen der nötigen 20.000 gültigen Unterschriften am 19. Februar vergangenen fast vier Monate seien „für ein Thema, das stark in die Grundrechte eingreift, kein langer Zeitraum“.