Vom „Lloydbahnhof“ in den Tod

In Minsk wurde die Gedenkstätte Trostenez eingeweiht, auch Bremer Juden starben in dem Vernichungslager

Bürgermeister Carsten Sieling hat am Freitag Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (beide SPD) in die belarussische Hauptstadt Minsk begleitet. Anlass war die Einweihung der Holocaust-Gedenkstätte Trostenez und des Mahnmals „Der Weg des Todes“ im ehemaligen Vernichtungslager Maly Trostenez bei Minsk.

„Bremen hat eine traurige Verbindung zu den Nazi-Verbrechen in Weißrussland: 440 Jüdinnen und Juden aus Bremen wurden damals nach Minsk deportiert“, sagte Sieling am Donnerstag. Da es immer weniger Zeitzeugen gebe, werde die Rolle von Gedenkstätten wie Trostenez immer wichtiger, um die Erinnerung an die Opfer der Shoa wachzuhalten.

Maly Trostenez war zwischen 1942 und 1944 das größte nationalsozialistische Vernichtungslager auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion. Dort wurden unter deutschem Befehl mindestens 60.000 Menschen ermordet, die meisten waren Juden. Sie wurden zwischen 1941 und 1942 aus Hamburg, Köln, Düsseldorf, Bremen, Frankfurt am Main, Berlin, Wien und Prag nach Minsk deportiert – unter dem Vorwand, sie in den eroberten Gebieten ansiedeln zu wollen. Tatsächlich wurden die meisten von ihnen unmittelbar nach der Ankunft getötet.

Aus Bremen wurden am 18. November 1941 444 namentlich bekannte jüdische Männer, Frauen und Kinder ins Getto Minsk deportiert. Jeder durfte nur einen Koffer mitnehmen. In kleinen Gruppen wurden sie zum „Lloydbahnhof“ geführt, stiegen in einen aus Hamburg kommenden Zug, in dem bereits mehr als 500 Menschen saßen – 50 Menschen pro Waggon. Nach fünf Tagen trafen sie in Minsk ein. Den Bremer Transport überlebten nur sechs Männer.

Die Massenerschießungen in Maly Trostenez, das dem Reichssicherheitshauptamt unterstand, begannen im Frühjahr 1942. In 34 Massengräbern wurden die Leichen verscharrt. Damit wurde Trostenez zu einem der Hauptschauplätze des „Holocaust mit Kugeln“. Als die Rote Armee nach ihrem Sieg in der Schlacht von Stalingrad 1943 auf dem Vormarsch war, ordnete die deutsche Führung an, die 34 Massengräber auszuheben, die Toten auf Wertsachen zu untersuchen und die Leichen zu verbrennen. Russische Gefangene, die dazu abkommandiert waren, wurden nach dieser „Aktion 1005“ ebenfalls erschossen.

Auf einem Weg zu den 34 Massengräbern soll nun das Mahnmal „Der Weg des Todes“ mit stilisierten Koffern, Waggons und Symbolen des Lebens an die Verbrechen der Nationalsozialisten erinnern. (taz/epd)