Zoff-Union büßt Zustimmung ein

Horst Seehofer versucht, den Krach mit der Kanzlerin auf einen Streit in der Sache runterzukochen

Trotz sitzungsfreier Zeit im Parlament bleibt die Regierung im Arbeitsmodus. Nato-Gipfel in Brüssel, Westbalkankonferenz in London, deutsch-chinesische Regierungskonsultationen in Berlin – Angela Merkel jettet weiter durch Europa. Derweil findet Horst Seehofer Zeit, am Dienstag in Berlin seinen „Masterplan Integration“ vorzustellen.

Nun mag man einwenden, das Papier sei doch längst bekannt. Tatsächlich hatte Seehofer den von ihm geheim gehaltenen Plan vor Wochenfrist im CSU-Vorstand verteilt und damit gedroht, im Fall der Nichtgefolgschaft zurückzutreten. Tags darauf kam er zum Showdown mit Angela Merkel nach Berlin, freilich nicht ohne die Kanzlerin vorab noch einmal zu beleidigen. „Ich lasse mich nicht von einer Kanzlerin entlassen, die nur wegen mir Kanzlerin ist“, sagte Seehofer der Süddeutschen Zeitung. Er hatte zuvor gedroht, gegen Merkels Willen die Zurückweisung von MigrantInnen an der deutschen Grenze anzuordnen. Die Kanzlerin hätte ihn in diesem Fall wohl entlassen müssen; es wäre das Ende der Regierung gewesen.

Als sei das Schnee von gestern, hat Seehofer nun im Bild-am-Sonntag-Interview gesagt: „Wir hatten eine inhaltliche Auseinandersetzung, aber es gab keinerlei persönliche Herabsetzung.“ Er könne „selbstverständlich“ weiterhin vertrauensvoll mit Angela Merkel zusammenarbeiten.

Klar ist schon jetzt, dass sowohl die CDU als auch die in Bayern wahlkämpfende CSU durch den Regierungszoff schweren Schaden genommen hat. Bei der Sonntagsfrage des Emnid-In­stituts liegt die Union nun nur noch bei 30 Prozent (–2), während die AfD mit 17 Prozent (+2) ein Allzeithoch erreicht. Damit liegt die rechte Partei gleichauf mit den Sozialdemokraten. Anja Maier

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