Win-win für wenige Studis

Nur 1 Prozent erhält das Deutschland-
stipendium.

Aus Dresden Michael Bartsch

Eigentlich sei sie auf unkomplizierte Weise zum Deutschlandstipendium gekommen, berichtet Ria. Beim Textil­maschinenbau an der Technischen Universität Dresden war die Konkurrenz nicht groß, und außerdem musiziert sie im Universitäts­orchester und hilft Senioren. Sie habe sich an der TU einfach mal beworben, wo zwei Damen nur mit der ­Sti­pen­dienvergabe beschäftigt sind.

Bei der Jahresveranstaltung zum Deutschlandstipendium in Dresden vergangene Woche waren viele solcher Geschichten zu hören. Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) wertete das Deutschlandstipendium in ihrer Rede als „weit mehr als ein reines Förderinstrument“. Es beweise, dass die Bürgergesellschaft funktioniert, weil es Stifter und Empfänger zusammenbringe. Karliczek kündigte an, die Deutschlandstipendien ausbauen zu wollen. „Ich wünsche mir mehr davon“, so die Politikerin. Es gehe darum, die vielen talentierten, wissbegierigen und leistungsstarken Studierenden bestmöglich auf ihrem akademischen Weg zu fördern.

Das Stipendium unterstützt Studierende aller Fächer unabhängig vom Einkommen mit 300 Euro im Monat. Die Hälfte tragen davon private Förderer wie Unternehmen, Stiftungen oder Mäzene, die andere Hälfte der Bund. Laut Bildungsministerium konnten seit Beginn des Programms 2011 rund 140 Millionen Euro an privaten Mitteln mobilisiert werden, 2017 knapp 27 Mil­lionen. Ins Leben gerufen hat das Stipendium die damalige schwarz-gelbe Bundesregierung im Jahr 2010.

Ein Kritik an dem Programm: Es erreicht seine Ziele nicht. 8 Prozent der Studierenden sollten von dem Programm profitieren. „Unrealistisch“, rügte selbst der Bundesrechnungshof bei einer Prüfung im Jahr 2014. Obwohl die Zahl der Empfänger seither leicht gestiegen ist, stagniert sie bei etwa 25.000. Das sind weniger als 1 Prozent aller Studierenden. 18 Prozent von ihnen beziehen zugleich Bafög, das entspricht dem Allgemeindurchschnitt. Mit 28 Prozent liegt der Anteil von Studierenden mit Migrationshintergrund jedoch deutlich über dem Durchschnitt. Bei seiner Einführung 2011 wurde noch kritisiert, dass das Stipendium die soziale Spaltung unter Studierenden begünstige und nur einem sehr geringen Anteil zugutekomme.

Deutlich bei der Fachtagung in Dresden wurde indessen, dass die Förderer durchaus eigennützige Inter­essen mit ihrem 150-Euro-Anteil verbinden. Für viele steht der Firmennachwuchs auf dem Spiel, Absolventen sind begehrt. So bekommt die Förderung der wenigen einen sehr pragmatischen Anstrich.