wie machen sie das?
: Die Extrem-lernerin

Charlotte Kleinheyer, 25, hat Jura in Freiburg studiert. Im Februar legte sie ihr erstes Staatsexamen ab und lernte dafür ein Jahr lang sechs Tage die Woche. Jetzt macht sie ein Referendariat.

taz am wochenende: Frau Kleinheyer, Sie mussten den Stoff aus vier Jahren Studium auf Abruf bereit haben. Vor dem Zweiten Staatsexamen ist dann wieder Extremlernen angesagt. Wie machen Sie das?

Charlotte Kleinheyer: Ich war von Montag bis Samstag jeden Tag zehn Stunden lang in der Universitätsbibliothek und habe gelernt. Am besten ging das bei mir, indem ich mit Fällen gearbeitet habe. Also: Es gibt ein Problem, ich brauche eine Lösung, wie komme ich dahin.

Kein stumpfes Auswendiglernen?

Nein, es geht gar nicht, alles auswendig zu lernen. Das ist viel zu viel. Nur die Definitionen von wichtigen Rechtsbegriffen musste ich wirklich auswendig parat haben. Bei allem anderen habe ich versucht zu verstehen, wie der Lösungsweg funktioniert.

Also wie bei Mathe?

Ein bisschen, ja. Es gibt Variationen von bestimmten Problemen. Wenn man eines davon verstanden hat, kann man die anderen, die nach dem selben Schema aufgebaut sind, auch lösen.

Zehn Stunden am Tag – wie konnten Sie sich so lange konzentrieren?

Man kann auch beim Lernen Abwechslung reinbringen. Wenn ich gemerkt habe, dass ich unaufmerksam werde, habe ich mich mit etwas anderem beschäftigt. Nach ein paar Stunden lesen habe ich zum Beispiel eine Zusammenfassung geschrieben oder mich selbst nach Definitionen abgefragt. Und wenn gar nichts mehr ging, habe ich eine Runde um den Block gedreht.

Hatten Sie noch ein Sozialleben?

Nicht wirklich. Abends war ich so fertig, dass ich früh schlafen gegangen bin, am Wochenende habe ich gelernt oder gearbeitet. Meine Freunde habe ich kaum gesehen. Nur zum Sport bin ich regelmäßig gegangen, als Ausgleich.

Wie haben Sie das durchgehalten?

Ich hatte ein Ziel vor Augen: Das Examen nach einem Jahr Lernen bestehen. Manche meiner Kommiliton*innen haben noch ein halbes Jahr länger gelernt, um sich besser vorzubereiten. Aber das hätte ich nicht geschafft.

Fällt man nach so einem Lernmarathon nicht in ein großes Loch?

Ich bin nach dem Examen erst mal in Urlaub gefahren. Und danach wusste ich wirklich kaum, was ich mit mir anfangen sollte. Wenn man einmal weiß, wie viel man leisten kann, ist es schwer, danach einfach nichts zu tun. Ich habe dann viel gearbeitet.

Bleibt irgendwas hängen von dem ganzen Lernstoff?

Erstaunlich viel. Jetzt im Referendariat wird der komplette Stoff aus dem ersten Staatsexamen vorausgesetzt. Ich bin ganz froh, dass ich noch einiges weiß.

Interview: C. Spitzmüller