Europa lässt Flüchtlinge im Stich

FLÜCHTLINGSDRAMA Drei Tage und Nächte mussten 300 afrikanische Flüchtlinge auf einem winzigen Boot ausharren, weil sich weder Malta noch Italien für sie zuständig fühlten

ROM taz | Nur knapp entrannen am Wochenende fast 300 Bootsflüchtlinge im Mittelmeer einer Katastrophe. Kurz nachdem sie von der libyschen Küste mit Ziel Italien gestartet waren, geriet ihr nur 17 Meter langes Boot bei starkem Seegang in Not. Schon am Freitag gelang es den Insassen jedoch, einen Notruf nach Italien abzusetzen. Dennoch wäre ihnen beinahe das gleiche Schicksal wie den etwa 600 Insassen dreier Boote widerfahren, die im März 2009 vor der libyschen Küste ertranken. Denn Rettungsmaßnahmen für die jetzt in Seenot Geratenen ließen wegen Zuständigkeitsstreitigkeiten zwischen Italien und Malta tagelang auf sich warten. Da ein italienischer Tanker sich in der Nähe des Flüchtlingsbootes aufhielt, erklärte Malta, die Bergung sei damit italienische Angelegenheit, obwohl der Tanker angesichts seiner Größe die 300 Flüchtlinge nicht an Bord nehmen konnte, ohne bei dem Manöver das Kentern des kleinen Schiffs zu riskieren. Italien wiederum verwies auf die Tatsache, dass in der fraglichen Zone des Mittelmeers Malta für Such- und Bergungsoperationen zuständig sei. Erst am Montag ließ die Regierung in Rom sich schließlich herbei, zwei Patrouillenboote der Marine und der Finanzpolizei sowie einen Schlepper loszuschicken. Diese Boote nahmen nun die Bootsflüchtlinge an Bord und brachten sie in den sizilianischen Hafen Pozzallo. Für einen Passagier aber kam die Hilfe zu spät: Ein Afrikaner war gestorben, bevor die Rettung der Flüchtlinge erfolgte.

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