Abgeschoben, trotz anderslautenden Urteils

Der mutmaßliche Islamist Sami A. ist am Freitag nach Tunesien abgeschoben und dort festgenommen worden. Dabei hatte das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen erst am Donnerstag die Abschiebung untersagt, weil A. in Tunesien Folter drohe. Das Gericht beschloss am Freitag, dass A. zurückgeholt werden müsse. Die Abschiebung sei „grob rechtswidrig“ und verletze „grundlegende rechtsstaatliche Prinzipien“.

Das Flüchtlingsministerium in Nordrhein-Westfalen hatte sich auf eine Entscheidung einer anderen Kammer des Gerichts vom Mittwoch berufen. Darin sei die Abschiebungsandrohung für rechtmäßig erachtet worden. „Ein anderslautender Beschluss lag dem Ministerium zu diesem Zeitpunkt nicht vor“, teilte das Ministerium mit.

A. war um 7 Uhr morgens von Düsseldorf ausgeflogen worden. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) wurde vom Gericht erst um 8.10 Uhr per Computerfax über den Entscheid vom Vortag informiert. Zuvor sei aber „vom Bamf der Eindruck erweckt worden, als warte man ab, bis wir entschieden haben“, so der Gerichtssprecher. Der 1976 geborene A. war laut Gericht 1997 zum Studium nach Deutschland gekommen. Ihm wird vorgeworfen, im Jahr 2000 eine militärische und ideologische Ausbildung in einem Al-Qaida-Lager in Afghanistan absolviert und zeitweise zur Leibgarde von Osama Bin Laden gehört zu haben. Anschließend soll er sich in Deutschland als salafistischer Prediger betätigt haben.

Der Mann streitet diese Vorwürfe ab. Die Bundesanwaltschaft hatte Ermittlungen gegen ihn mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt. (dpa, afp, taz)