heute in hamburg
: „Eine
Universität
ist kein Tempel“

Foto: Ulrike Schröder

Helmut Stubbe

da Luz,

67, ist seit 1991 Geschichtswissenschaftler an der Helmut-Schmidt-Universität.

Interview Naomi Bruhn

taz: Herr Stubbe da Luz, Sie sind Dozent an der Helmut-Schmidt-Universität. Wie kommt es dazu dass Sie den eigenen Namenspatron demontieren?

Helmut Stubbe da Luz: Eine Universität ist kein Tempel. Helmut Schmidt wird hier nicht angebetet – das sollte er zumindest nicht. Ein bisschen Personenkult wird natürlich immer betrieben, aber es ist schließlich eine wissenschaftliche Einrichtung und natürlich hat mir hier auch keiner reingeredet. Entstanden ist der Vortrag im Rahmen der Katastrophenausstellung, die ich gemacht habe, und mit der ich unter anderem zeigen wollte, dass wir uns in künftigen Notsituationen nicht darauf verlassen können, dass ein Held kommt, der alleine alles regelt.

Ihnen zufolge ging es bei der Bewältigung der Hamburger Sturmflut mehr um Strukturen als um Einzelpersonen. Wie erklären Sie sich das damals entstandene Heldenbild von Schmidt?

Er war ein sehr entschlossener Mensch und hat sich öffentlich gut verkauft. Dann kamen noch die Journalisten ins Spiel, die von dieser Legende verführt wurden.

Wurde Schmidt mit der Rolle des Sturmflutretters überschätzt?

Ja, denn er hat das Grundgesetz nicht kalkuliert übertreten, wie er später behauptet hat, er hat nur – wie viele andere auch in puncto Einsatz der Bundeswehr im Innern – in einem Graubereich agiert. Er hat seine Beamten als gackernde Hühner diffamiert, dabei hatten sie schon längst reagiert, bevor er überhaupt auf der Bildfläche erschien.

Hat er überhaupt etwas richtig gemacht? Er hat – wie ein damaliger Senatssyndikus, Hans Birckholtz, formuliert hat – etwas mehr Schwung in die Sache gebracht.

Vortrag „Das Grundgesetz nicht angeschaut‘, auf ‚gackernde Hühner‘ gestoßen? – Bemerkungen zur Rolle Helmut Schmidts in der 1962er-Sturmflut“,

18 Uhr, Hauptbibliothek der Helmut-Schmidt-Universität,

Holstenhofweg 85, Jenfeld

Die Zeiten scheinen sich nicht geändert zu haben. Das Modell des eitlen, starken Mannes hat mit Figuren wie Trump und Putin Konjunktur.

Das sind uralte sozialpsychologische Erscheinungen. Ich denke, viele Leute finden es entlastend, die Verantwortung an Heroen abzugeben. Hier haben wir die Erfolgsgeschichte eines Machers, der vorgeblich immer richtig liegt und sich entsprechend darzustellen versucht. Das ist hat auch etwas mit Patriarchalismus zu tun.

Welche Reaktionen erwarten Sie auf Ihren Vortrag?

Manche werden meinen, dass Helmut Schmidt das schon immer mal verdient hätte, und andere werden vermuten, nicht der Politiker, sondern der Historiker sei eitel.