Radek Krolczyk
Kunst am Wegesrand
: Ein Monument des Scheiterns

Foto: Hannah Wolf

Das „Affentor“ am Brill ist nur der Rest einer seltsamen kulturpolitischen Episode Bremens. Die meterhohe Bronze des Künstlers Jörg Immendorff wurde in seinem Todesjahr 2007 auf dem Platz vor der Sparkasse aufgestellt – unweit der Weserburg, die ihm noch im selben Jahr eine große Ausstellung widmete. Der Düsseldorfer Maler und Bildhauer war an einer Nervenkrankheit gestorben. Späte Arbeiten wie das Tor entwarf er nur noch und gab sie in Auftrag.

Die Retrospektive hatte der damalige Direktor des Museums Carsten Ahrens aus der privaten Sammlung einer taiwanesischen Waffenhändlerin zusammengestellt. Die Sammlerin selbst wird in den Medien „Madame Tu“ genannt, in der Bremer Museumsszene gilt sie bis heute vielen als „äußerst unangenehme Erscheinung“. Dass Immendorffs riesiges Tor, das sich aus insgesamt vier Affen zusammensetzt, ein Rest ihres Sammlungsvorkommens in der Stadt ist, hat sicherlich mit dieser Einschätzung zu tun. Denn nach Zerwürfnissen, zumindest mit dem Kunstmuseum Bremerhaven und der Weserburg, hat die Industrieelle ihre Arbeiten aus der Stadt abgezogen.

Ein zweites Affentor, das immerhin bis 2012 am Bremer Hauptbahnhof stand, befindet sich seitdem in Salzburg, weitere Tore stehen in Düsseldorf, Hofheim im Taunus und in China. Immendorff betrieb noch vom Krankenbett aus eine wahre Affentorindustrie. Die farbigen Bronzen von Markus Lüpertz aus derselben Sammlung, die anschließend auf der Wiese vor dem Überseemuseum aufgestellt wurden, mussten inzwischen den Bürocontainern der Großbaustelle gegenüber weichen. Anfang des Jahres sind die 800 Kilo schweren Plastiken für eine große Lüpertz-Schau nach China gebracht worden. Von Lüpertz übrigens hatte 2014 eine anonyme Sammlerin der Stadt eine riesige, expressive Statue der Bremer Stadtmusikanten angeboten. Sie sollte ihrem Wunsch nach ganz prominent irgendwo zwischen Bürgerschaft und Roland stehen. Nach ersten öffentlichen Diskussionen hat sie ihren Vorschlag beleidigt zurückgezogen.

Unter Primaten durch zur Bank: das „Affentor“ am Brill Foto: Hannah Wolf

Das Affentor zeugt als letztes Monument in der Stadt von diesem aggressiven kulturpolitischen Engagement. Es zeigt sich daran aber auch, nach welchen Maßgaben eine ausschließlich von privaten Mitteln abhängige Bestückung des öffentlichen Raums mit Kunst laufen würde: große Namen, hohe Preise, Monumentalität. Als Monument des Scheiterns eines solchen Ansatzes macht sich das Tor des Beuys- Schülers dann doch ganz gut. Gerade auf der unüberschaubaren Kreuzung am Brill, zwischen leer stehenden Gebäuden und Gedenkkerzen für Verkehrstote. Auf diese Weise bekommt das Werk eine andere Bedeutung. Denn Immendorff feierte mit seinen Affen, die oft in seinem Werk zu finden sind, das eigene Künstler-Ich. Dieses Bild sollte selbstkritisch, mindestens selbstironisch sein. Die bevorzugten großen Formate verraten allerdings, dass alle Selbstironie hier nur eine ausgestellte ist. Entsprechend heben sich Affen am Brill selbst in die Höhe: Zwei Affentorsi bilden die Pfeiler, während sich zwei vollständige Affen zum Torbogen räkeln.

Der Autor ist Inhaber der Galerie K’