Wer, wie, warum?

30 Fragen haben wir unseren Leser*innen gestellt: Wie gut ist die taz nord, wie viel besser könnte sie sein, und was stellt die Digitalisierung mit ihr an? Eine Auswahl unserer Erkenntnisse

Foto: Illustrationen (3): Imke Staats

Men in the City: Wer genau liest eigentlich diese taz nord?

Klar: Zauselbärte und frauenbewegte Kommunard*innen mit AKW-Nee-Aufkleber am Briefkasten, aus denen später, nach einem kurz gewordenen Marsch durch die berüchtigten Institutionen, saturierte, weil ver­beamtete Lehrer*innen werden: So stellt sich manche*r das taz-Pubklikum vor. Aber wie viel davon stimmt auch?

Fast zwei von drei Umfrageteilnehmenden definieren sich als männlich, ein gutes Drittel als weiblich, ein Prozent bezeichnet sich als divers, und zwei Prozent mochten zu dieser Gender-Frage lieber „keine Angabe“ machen.

Ein Viertel aller taz-Leser*innen kommt aus dem Norden. Aus dem bevölkerungsstärksten Nord-Bundesland, Niedersachsen, in dem rund 10 Prozent der Bundesbevölkerung leben, kommen 38 Prozent unserer teilnehmenden Leser*innen; aus Schleswig-Holstein (3,5 Prozent der Gesamtbevölkerung) kommen 19 Prozent der Teilnehmenden; in Hamburg (2,2 Prozent) sind 26 Prozent der Antwortenden zu Hause, in Bremen (0,8 Prozent) 11 Prozent.

Das bedeutet: In Hamburg und Bremen ist die Leser*innendichte immer noch überdurchschnittlich hoch – aber fast zwei Drittel der taz-nord-Leser*innen leben in den benachbarten Flächenländern, ohne dass sie auch eine eigene Seite in der taz bekämen.

Mit 59,6 Prozent geben die meisten Teilnehmer*innen an, in einer Großstadt zu leben. Jede*r Fünfte unter unseren Leser*innen lebt auf dem Land oder in einer Kleinstadt.

Durch wie viele Hände geht so eine taz? Mehr als drei Viertel der Leser*innen leben in einer Gemeinschaft: 42 Prozent mit der Partner*in zusammen,28 Prozent mit der Familie, immerhin noch 7 Prozent in einer WG, dem alten Klischee entsprechend. Nur 18 Prozent leben in einem Single-Haushalt.

Gut die Hälfte der teilnehmenden Leser*innen ist unter 55 Jahre alt, genauer sind es 51 Prozent; unter 30, also im einst für die Gegenkultur so viel vertrauenswürdigeren Alter, sind immerhin noch 10 Prozent. Die jüngsten Leser*innen haben wir dabei – erwartungsgemäß – online: Von den unter 30-Jährigen nimmt noch ein gutes Drittel die taz am liebsten auf Papier zur Kenntnis, aber 60 Prozent tun das auf taz.de; dazu kommen jeweils 2 Prozent, die das ePaper oder die App favorisieren. Bei den 30- bis 49-Jährigen lesen 72 Prozent die taz lieber auf Papier, 23 Prozent auf taz.de und jeweils 3 Prozent als ePaper oder App.

Leser*innen zwischen 50 und 64 Jahren lesen dagegen am liebsten auf Papier: 88 Prozent gegenüber 6 Prozent, die taz.de vorziehen; dazu ePaper (4 Prozent) und App (2 Prozent). Und oberhalb von 65 Jahren ist das Papier noch weniger angefochten: 92 Prozent lesen die taz hier immer noch am liebsten gedruckt (jeweils 3 Prozent setzen auf taz.de oder auf die App, auf 2 Prozent kommt das ePaper).

Mit knapp 70 Prozent lesen die meisten Umfrage-Teilnehmer*innen neben der taz nord noch weitere regionale und lokale Medien – die meistgenannten sind der NDR (online), das Hamburger Abendblatt und der Weser-Kurier.

Ein knappes Viertel (22 Prozent) gibt an, monatlich ein Haushaltseinkommen von bis zu 2.000 Euro netto zur Verfügung zu haben. 42 Prozent haben zwischen 2.001 und 4.000 Euro. Und knapp ein Viertel, 24 Prozent, kann sogar mehr als 4.001 Euro im Monat ausgeben.

Es scheint Bedarf gegeben zu haben. Die Online-Umfrage, mit der die taz nord sich auch und gerade mit ihren Leser*innen verständigen wollte übers Ist und Werden der Zeitung, ihrer Zeitung – sie war erfolgreich: 3.878 Menschen haben sie sich mindestens angeschaut, 2.477 daran teilgenommen, 1.673 haben sie auch zu Ende gebracht, also alle 30 Fragen. Fast 1.700 beendete Bögen? Angesichts von rund 7.403 Voll-Abonnements im Norden ist das eine beachtliche Zahl.

Mal unter uns: Warum greifen Sie zur taz?

Der taz geht es zu allererst um Inhalte – ihretwegen werden wir gelesen. 92 Prozent der Umfrageteilnehmer*innen geben denn auch an, für sie seien die Themen in der taz der ausschlaggebende Grund, sie zu lesen. 84 Prozent sagen, die taz sei bei aktuellen Themen auf der Höhe der Zeit.

85 Prozent attestieren der taz, dass sie über Ereignisse berichtet, die von anderen Medien vernachlässigt werden. Und immer noch 79 Prozent unserer Leser*innen finden, sie verschaffe unterdrückten Gruppen Gehör. Es geht aber immer noch besser: Die Hälfte der Befragten findet, die taz sollte sich stärker von anderen Zeitungen/Medien unterscheiden.

Ein Effekt: Die taz kann auf eine starke Community bauen, sie genießt Rückhalt. 80 Prozent lesen uns aus Solidarität: Sie wollen ein wichtiges Projekt unterstützen. Immerhin 50 Prozent geben an, dass sie die taz auch deshalb lesen, weil sie immer noch einen Regional-, respektive Lokalteil hat.

Unsere Leser*innen lesen uns, weil sie unserer Meinung sind – oder wir ihrer: 75 Prozent lesen uns, weil wir Ereignisse häufig von einem Standpunkt aus bewerten, den sie teilen. Was wir meinen, ist also wichtig. Es geht aber nicht nur um Bestätigung: 69 gaben an, zur taz zu greifen, weil sie wissen wollen, welches überhaupt unsere Haltung zu bestimmten Themen ist. Und 71 Prozent finden, die taz liefere ihnen Argumente für die Diskussion.

Noch mal zu den Themen: Gibt es darunter besondere Lieblinge? Durchaus: Für Ökologie und Soziales interessieren sich jeweils 88 Prozent der Umfrageteilnehmer*innen sehr oder etwas, für Rechtsextremismus 85 Prozent. Es folgen Politik von unten (83 Prozent), Alternative Wirtschaft (80 Prozent), Bildung, Migration sowie Flucht und Stadtentwicklung (je 78 Prozent), Arbeit und Parteipolitik (je 77 Prozent), Kultur und Verbraucherthemen (je 74 Prozent) sowie Verkehr (73 Prozent).

Am anderen Ende der Skala ist das, was Zeitungsleute „Buntes“ nennen: Ihr Interesse an Klatsch und Tratsch gaben 17 Prozent der Umfrageteilnehmer*innen zu, eines an lokalem/regionalem Sport 24 Prozent. Davor in der Liste: Landespolitik Bremen (25 Prozent), Berichte aus Bremen (28 Prozent) und – Hafen (39 Prozent).

Die Umfrage war nicht repräsentativ im Sinne der Sozialforschung, denn die Befragten wurden nicht per Zufallsstichprobe ausgewählt: Alle Leser*innen der taz nord waren aufgerufen mitzumachen. Dazu haben wir zwei Wochen lang fast täglich eine Anzeige in der Print-Ausgabe der taz nord geschaltet. Mitte Februar ging zusätzlich eine Einladung an 8.000 Abonnent*innen im Verbreitungsgebiet der taz nord – mit Erfolg, nehmen wir an: Die Umfrage-Beteiligung erklomm mit 972 Teilnahmen am selben Tag prompt einen Gipfel.

Landesparlament und Tellerrand: Was ist noch mal dieser Norden?

Aus Norddeutschland über Norddeutschland, nah dran, aber nicht zu nah: So lässt sich der Ansatz der taz nord grob umreißen. Der Raum, in dem wir gelesen werden, der Raum also auch, über den wir berichten, er erstreckt sich über viereinhalb Bundesländer; unser Norden ist ein konstruierter – aber wir sind seine einzige Zeitung. Indem wir nicht nur über Bremen und Hamburg berichten, sondern auch über Niedersachsen, Schleswig-Holstein und in Teilen auch Mecklenburg-Vorpommern, bilden wir viele verschiedene politische Räume nebeneinander ab.

Die Hamburger Landespolitik interessiert 51 Prozent der Umfrageteilnehmer* innen, die in Niedersachsen 48 Prozent und jene in Schleswig-Holstein 40 Prozent – unabhängig von ihrem eigenen Wohnort. Unter den Bremer Leser*innen interessieren sich 91 Prozent für die dortige, die eigene Landespolitik; von den Leser*innen in Niedersachsen möchten 87 Prozent etwas über ihre Landespolitik lesen, von denen aus Schleswig-Holstein 91 Prozent über die dortige, unter denen aus Hamburg 94 Prozent etwas über die in ihrem Rathaus.

Aber wie sehr interessieren sich die Leser*innen dafür, was jenseits ihres Tellerrands passiert? Das haben wir sie gefragt – und 56 Prozent der Befragten sagen: „Ich interessiere mich für den Norden – auch jenseits meiner Landesgrenze.“

39 Prozent finden, die taz solle sich stärker mit lokalen Themen befassen. Fast jede*r Dritte (29 Prozent) sagt: Bei Nachrichten gingen die aus der Region vor. Gut jede*r Dritte (34 Prozent) wünscht sich, dass wir bei lokalen Themen stärker Position beziehen.

Der Aussage „Ich lese die Zeitung von hinten nach vorne“ – also beginnend mit der Bremer oder Hamburger Lokalseite, stimmen 29 Prozent zu.

Im Online-Angebot der taz warben zwei Banner in den Artikeln der taz nord fürs Mitmachen. Aus der Anzeigenabteilung haben wir die Rückmeldung bekommen, dass diese Banner 957.688 Mal ausgeliefert wurden und 2.716 Klicks bekommen haben, also etwa von jedem 350. Leser – das sei ein gutes Verhältnis. Über die Social-Media-Abteilung der taz, die „Kommune“, haben wir zudem auf Facebook einen Link zur Umfrage platzieren lassen. Zu sehen bekamen diesen Post gezielt nur die Nutzer*innen aus unserem Print-Verbreitungsgebiet.

Datenkraken hinter Zahlschranken: die taz nord und die digitale Wende

Haben Sie es auch gelesen? Das Ende der Papierzeitung naht – zumindest mancherorts, zumindest an einigen Tagen in der Woche. Was heißt das für die taz, was für die taz nord? Und wie halten es unsere Leser*innen mit der Digitalisierung der Medienlandschaft?

Mit 71 Prozent lesen die meisten der Befragten Leser*innen ihre taz nord am liebsten auf Papier, aber: Immerhin fast ein Viertel (22 Prozent) lesen lieber taz.de; gerade mal jeweils drei Prozent bevorzugen das ePaper oder die taz-App. Für die regionalen Online-Leser*innen sind wir relevant, aber Frequenz und Reichweite sind ausbaufähig: Jede*r dritte Befragte besucht „häufig“ oder „jedes Mal“ Beiträge der taz nord, wenn er oder sie auf taz.de liest. Den lokalen Reiter für die taz Bremen klicken 16 Prozent der Nordleser*innen mindestens „häufig“ an, bei dem der taz Hamburg tun das 26 Prozent.

Kommen die Befragten aus Bremen oder Hamburg, ist die Nachfrage nach lokalen Inhalten im Netz deutlich höher: Jeweils mehr als 40 Prozent der dortigen taz.de-Nutzer*innen besuchen das Online-Angebot ihres jeweiligen Lokalteils „häufig“ oder „bei jedem Besuch“. Umso beachtlicher wird das, bedenkt man die technischen Hürden: Auf taz. de sind „Bremen“ und „Hamburg“ mindestens zwei Klicks von der Startseite entfernt. Und in der zunehmend wichtigen Mobilversion der taz-Homepage sind die tazzen Bremen und Hamburg mindestens so umständlich zu erreichen.

Mehr als jede*r Dritte findet, die taz sollte im Netz weiter kostenlos sein: 35 Prozent sagen das. 54 Prozent wären mit einer (teilweisen) Bezahlschranke einverstanden. 25 Prozent sagen, eine bestimmte Anzahl von Artikeln sollte auch künftig kostenlos sein, danach dürfe ein nicht bezifferter Betrag fällig werden. 15 Prozent der im Prinzip Einverstandenen geben an, schon jetzt per „taz zahl ich“ zu zahlen. 11 Prozent würden freiwillig zahlen, wenn sie nur etwas mehr Geld hätten, nicht schon Abonnent*innen wären oder damit Recherchen von besonderer Qualität ermöglichen würden.

Um ehrlich zu sein: Wir denken immer noch zu sehr „Print first“, der Online-Auftritt der taz nord ist ausbaufähig. Derzeit veröffentlichen wir Texte aus der Print-Ausgabe, von denen wir glauben, dass sie im Netz gut funktionieren, dazu unregelmäßig eigene Geschichten und Kolumnen, etwa „Der rechte Rand“ von Andreas Speit oder „Fremd und befremdlich“ von Katrin Seddig. Wir setzen nicht auf Schnelligkeit, die ist nicht unsere Stärke.

Dass wir Texte also erst online stellen, wenn sie auch am Kiosk liegen, orientiert sich auch an den Gegebenheiten: taz.de ist abends nicht besetzt, das wissen inzwischen auch die Leser*innen. Bedarf besteht auf taz.de aber am Vormittag, während im ganzen Haus Texte für die nächste Print-Ausgabe entstehen. Davon, dann gezielt Texte anbieten zu können, erhoffen wir uns eine stärkere Berücksichtigung von Nord-Inhalten auf taz.de. Der Nachteil dieser „Strategie“ ist klar: Sie geht auf Kosten der Aktualität.

Wie für die taz insgesamt bescheren auch im Norden soziale Medien den Online-Inhalten die meiste Aufmerksamkeit: Es stoßen mehr Leser*innen über Facebook auf uns als über taz.de selbst. Hier besteht viel Potenzial, etwa ließen sich Nord-Texte gezielt nur Facebook-Nutzern im Norden anbieten. Wir könnten auch für Leser*innen aus dem Norden eine andere Version von taz.de bereitstellen – mit prominent präsentierten regionalen Inhalten. Auch im mobilen Umfeld müsste eine künftige taz-App anbieten, dass Leser*innen ihre Region auswählen – ob die nun der Norden ist oder eine ganz andere.

65

Jahre alt oder älter sind 20 Prozent unserer Leser*innen, 49 Prozent sind 55 oder älter, unter 30 Jahre alt sind 10 Prozent.

Quellen: taz-nord-Leser*innen-Umfrage Februar 2018

7

Prozent der taz-nord-Leser*innenwohnen in einer WG, 18 Prozent ganz allein, 42 Prozent mit Partner*in und 28 mit einer Familie.

Als Anreiz konnten die Teilnehmer*innen an einer Verlosung von taz-Shop-Produkten und Abos teilnehmen. Lena Kaiser, Alexander Diehl

6

Prozent lesen die taz auf dem Weg zur Arbeit (davon tun drei Viertel das auf Papier), 24 Prozent morgens beim Frühstück, 32 Prozent zwischendurch, 7 Prozent am Nachmittag, 14 Prozent abends.