Sofa oder Balkon?

Ein Schüler klagt um mehr Bafög. Der Richter empfiehlt: Untervermietung

Von Lin Hierse

Ein Richter am Sozialgericht kann monatlich um die 7.000 Euro verdienen. Mit einem solchen Einkommen weiß man genau: Studierende und Auszubildende brauchen nicht zwingend mehr Unterstützung vom Staat, wenn es mit der Miete knapp wird. Mindestens genauso gut könnten sie mit ihrem Wohnraum Geld verdienen, etwa durch die Vermietung der Couch oder eines Zeltes auf dem Balkon.

Das empfiehlt zumindest ein Richter am Berliner Sozialgericht einem Schüler, dessen Bafög-Satz nicht zum Leben reicht. Zwar gestand der Richter in seinem Schreiben an den Antragsteller zu, dass der in einer mit 28,25 Quadratmeter „nicht besonders großen“ Wohnung lebe. Doch sei es bei Studierenden und Auszubildenden in Großstädten „keinesfalls unüblich, selbst in engsten Verhältnissen mit mehreren Personen zu wohnen“.

Zelt auf dem Balkon

Seine Behauptung belegt der Staatsdiener mit einem Verweis auf Zeitungsberichte über ein für 260 Euro im Monat zu mietendes Zelt auf einem WG-Balkon und ein Inserat, das eine Schlafcouch für 39 Euro pro Tag anbietet. Bis zu 250 Euro könne der Schüler sich auf diese Weise hinzuverdienen und so seine Mietkosten von rund 325 Euro senken. Die Anwaltskanzlei des jungen Mannes aus Bangladesch teilte einen Auszug des richterlichen Schreibens vergangene Woche auf Facebook. Das Sozialgericht beklagt dar­aufhin, der Post würde die Sache verzerrt wiedergeben. Der Hinweis des Richters auf die Möglichkeiten der Untervermietung sei kein Grund für die Ablehnung des Antrags gewesen, sondern lediglich Teil sogenannter nicht tragenden Entscheidungsgründe.

Wohnen oder arbeiten

Der Antragsteller hatte zuvor als Asylbewerber Leistungen vom Bezirksamt bezogen. Dann habe er ohne Kenntnis der Behörden eine Ausbildung begonnen und rückwirkend seit September 2017 Bafög erhalten. Das Bezirks­amt strich daraufhin seine Leistungen nach dem Asylbewerbergesetz (AsylbLG), da er davon aufgrund des Bezugs von Bafög ausgeschlossen sei. Sein Asylantrag liegt derweil einer Härtefallkommission vor, eine Entscheidung steht noch aus.

Als Asylbewerber bekam der 20-Jährige Leistungen in Höhe von rund 744 Euro. Sein Bafög-Anspruch wurde hingegen auf 504 Euro monatlich festgesetzt, wovon es sich abzüglich der Miete kaum leben lässt. Man habe gegen den Beschluss vor dem Landessozialgericht Potsdam im Eilverfahren Beschwerde eingelegt, sagte Jan Becker, Anwalt des Antragstellers, der Berliner Morgenpost.

Andernfalls müsste der Mann seine Ausbildung abbrechen, um die Miete zahlen zu können.