Nicht ohne meinen Agenten

Der ehemalige Festivalleiter, Produzent und Filmverleiher Josef Wutz hat vor ein paar Wochen eine Schauspieler-Agentur gegründet. Unser Autor hat hinter die Kulissen geblickt

Für SchauspielerInnen (v.l.) wie Hannah Rebekka Ehlers, Youssef Maghrebi und Marvin Götting ist ein Agent wie Josef Wutz (sitzend) der erste Schritt zum Fame Foto: Joto

Von Wilfried Hippen

Mit 65 Jahren hat Josef Wutz die Seiten gewechselt. Eigentlich waren Agenturen für den ehemaligen Produzenten, Festivalleiter und Filmverleiher meistens der Gegner. Mit den Schauspielern selber habe er immer gut verhandeln können – sie seien meistens zu Auftritten, Presse- oder Werbeterminen bereit gewesen, aber „oft haben die Agenturen Theater gemacht. Da steckt ja nicht umsonst das Wort ‚Agent‘ drin.“ Nun hat Josef Wutz selbst die Agentur „Aries Actors“ gegründet. Doch was machen Leute wie er in der Filmbranche überhaupt – außer dass sie in der Regel zehn Prozent der Gage kassieren?

Auf dem Castingportal „Schauspielervideos“ präsentieren sich aktuell 21.530 SchauspielerInnen. Darunter sind berühmte wie Bruno Ganz und noch eher unbekannte wie Hannah Rebekka Ehlers. Berühmte oder halbwegs Bekannte sind eine verschwindende Minderheit. Die meisten sind wie Ehlers noch Namenlose, die erst bekannt werden wollen. Sich einen Agenten zu suchen, ist für viele der erste Schritt.

Ehlers hat sich für Josef Wutz entschieden, der seine Agentur „Aries Actors“ erst im Juli dieses Jahres gegründet hat. Wutz ist ein alter Hase in der Filmbranche. Zwischen 1995 und 2002 leitete und erneuerte er als Geschäftsführer und Programmchef das Filmfest Hamburg. Er machte Pressearbeit, Promotion und Marketing und arbeitete als Filmverleiher und Produzent.

Als Agent arbeitete er zuerst für eine alteingesessene Agentur und als diese dann geschlossen wurde, machte er sich selbstständig. Zur Zeit vertritt er zehn SchauspielerInnen. Mehr als 15 KlientInnen würde er nicht annehmen, denn damit käme er an die Grenzen seiner Belastbarkeit.

Aber wodurch verdient er sich die branchenüblichen zehn Prozent der Gagen seiner SchauspielerInnen? Das Wichtigste sind die Verbindungen: Er kennt viele in der Branche und vor allem kennen diese ihn. Und es ist grundsätzlich etwas anderes, ob man sich selbst für eine Rolle anbietet oder ob ein Dritter dieses tut. Wer einen Agenten hat, hat immerhin schon mal eine Person gefunden, die ihn oder sie gut findet. Der Agent garantiert außerdem Verlässlichkeit, denn Wutz ist zumindest telefonisch oder per Mail ständig zu erreichen. Und er kümmert sich um die Formalien, also den lästigen Papierkrieg mit Arbeitsverträgen und Personalbögen.

Die Mehrzahl der von „Aries Actors“ vertretenen SchauspielerInnen gehören wie Ehlers zum Nachwuchs. Bei ihnen ist es für Wutz besonders wichtig, sie „ins Gespräch zu bringen“. Er rät ihnen, Kontakte zu knüpfen und sich auf Premieren oder an Branchenstammtischen sehen zu lassen. Auch empfiehlt er, in Kurzfilmen von Hochschulen mitzuspielen. Auch wenn dabei nichts zu verdienen ist, seien solche Filme „die beste Chance, Eigenwerbung zu machen“. Einige müssen auch erst lernen, sich gut zu präsentieren. Nach seiner Erfahrung „liegt es nicht jedem, sich darzustellen. Das können die nicht, das sind Schauspieler, die müssen inszeniert werden“.

Besonders wichtig sei es, die Aufmerksamkeit von Castingagenturen zu erregen. „Die Caster entscheiden zwar nicht, wer eine Rolle bekommt, aber sie entscheiden, wer sie nicht bekommt.“ Sie sind es, die Vorschläge für die Besetzung von Rollen machen, bevor Regis­seurInnen, ProduzentInnen und RedakteurInnen zum Casting einladen, das meist eher aus einem Gespräch als aus Probeaufnahmen besteht.

Das Metier ist längst nicht so glamourös wie es sich Außenstehende vorstellen: Nur selten geht es gleich um Hauptrollen und noch seltener um Kinoproduktionen. Der größte Teil der Produktionen ist für das Fernsehen – und auch dort gibt es mehr Vorabendserien und Daily Soaps als ambitionierte Fernsehfilme.

Zu Beginn ihrer Karriere können SchauspielerInnen froh sein, wenn sie kleine Nebenrollen mit ein paar Dialogen und drei oder vier Drehtagen bekommen. Aber es gibt eine Untergrenze: Wutz würde seinen KlientInnen nie zumuten, in einer Scripted-Reality-Show mitzuwirken.

„Es liegt nicht jedem, sich darzustellen. Das sind Schauspieler, die müssen inszeniert werden“

Josef Wutz, Schauspielagent

Wutz hilft dabei, wichtige Karriere-Entscheidungen zu treffen. Denn „es kann sein, dass es in Ordnung ist, mal ein Jahr lang in einer Daily Soap zu spielen, aber es kann auch sein, dass du danach Schwierigkeiten hast, etwas anderes zu finden“.

Um Rollen für seine KlientInnen zu finden, braucht Wutz eine möglichst umfassende Übersicht darüber, welche Filme demnächst produziert werden. Dabei konzentriert er sich vor allem auf Hamburg, Norddeutschland und Nordrhein-Westfalen, weil bei der Filmförderung lokale Fördereffekte wichtig sind. Ein großer Anteil der Fördersumme muss im selben Bundesland ausgegeben werden, das den Film finanziert hat.

Wutz kann aus der veröffentlichten Förderliste erkennen, bei welchen Produktionen Schauspieler für welche Rollen gesucht werden. Er kann dann bei einer Hamburger Produktion zielgenau und mit Fingerspitzengefühl einen seiner Hamburger KlientInnen vorschlagen, weil dessen Gage als lokale Förderung verrechnet werden kann.

Auch die Gagenhöhe verhandelt der Agent. Hier ist Wutz Realist: Ein unbekannter Schauspieler in einer Nebenrolle kann leicht ausgetauscht werden, wenn sein Agent zu hoch pokert. Immerhin sei es schon einmal gelungen, eine Gage um 30 Prozent zu erhöhen. Er sagt: „Ich versuche, die Leute, die ich vertrete, auch gernzuhaben“ und „ich bin nur so gut wie meine Klienten“.