heute in hamburg
: „Man kann wahnsinnig gut schimpfen“

Foto: privat

Schanett Riller, 45, leitet die Bergedorfer Museumslandschaft zu der das Freilichtmuseum Rieck Haus gehört.

Interview Friederike Gräff

taz: Das Klischee sagt: Nur Menschen oberhalb der 60 sprechen noch einigermaßen Platt. Stimmt das, Frau Riller?

Schanett Riller: Einigermaßen ja. Ich glaube, dass hier in den Marschlanden auch ein paar Leute um die 40 das können. Und es wird in den Schulen unterrichtet, aber dann ist es natürlich Fremdsprache und nicht Erstsprache. Für die Erstsprachler gibt es gar nicht mehr so viele Gesprächspartner, deswegen wird auch diese Runde so gut angenommen.

Fällt dann ein Zweitsprachler auf?

Auffallen ja – aber nicht negativ. Ich moderiere den Plattsnacker-Treff und kann kein Platt. Wir machen es jetzt das dritte Jahr, überlegen uns vorher gemeinsam ein Thema, jeder bereitet sich ein bisschen vor. Ich muss eigentlich nur eingreifen, wenn jemand zu lange spricht – das geht auch auf Hochdeutsch.

Sie verstehen aber alles?

Mittlerweile ja. Am Anfang nicht alles, aber inzwischen zunehmend mehr.

Gibt es auf Platt Zwischentöne, die das Hochdeutsche nicht hat?

Man kann wahnsinnig gut schimpfen, ohne dass es gleich beleidigend klingt. Man sagt die Dinge sehr direkt, aber die klingen fröhlich und freundlich.

Ist der Treff für die Schnacker auch eine Möglichkeit, noch einmal in die Vergangenheit einzutauchen?

Oft ja. Wir sprechen darüber, was sie früher für Spiele gespielt haben, wie die Tanzschule war, welche Instrumente man gelernt hat oder welche Osterbräuche es gab. Theoretisch könnten wir auch aktuelle Politik diskutieren – aber weil wir ein Museum sind, liegt auch ein Fokus auf der Vergangenheit. Wir wollen die kulturellen Eigenarten hier in den Viermarschlanden finden und die kennen die Leute hier noch: Die Texte zu unserer zweisprachigen Ausstellung im Haus haben die Plattschnacker gemacht.

Wie wird mit Neuerungen umgegangen, mit Computern, Handys und dergleichen?

Plattsnacker-Treff: 15 Uhr, Museum für Bergedorf und die Vierlande (Rieck Haus), Curslacker Deich 284

Mit Umschreibungen.

Was würde man für Skypen sagen?

Plattdeutsch und Englisch sind ja nahe beieinander, aber ich vermute, man würde sagen: „über die Rechenmaschine sprechen“. Leider habe ich gerade keinen Plattdeutschschnacker neben mir, die hätten es gewusst.

Was wird heute Thema sein?

Eigentlich das, worüber wir gerade sprechen: Wann und warum man heute noch Platt spricht.