Einblicke in
DDR-Biografie

Nach Vorwürfen zu Ungereimtheiten in der Vita redet Senatssprecherin über ihr Leben in der DDR

Berlins Senatssprecherin Claudia Sünder hat Einblicke in ihre DDR-Biografie gegeben. „Ich würde nie behaupten, in der ersten Reihe der Opposition gestanden zu haben. So mutig war ich nicht“, sagte Sünder dem Berliner Tagesspiegel (Dienstag). Sie reagierte damit auf Äußerungen eines Berliner Schriftstellers, der ihr Ungereimtheiten in ihrer Vita vorwirft.

Als die Mauer fiel, war Sünder 19 Jahre alt. „Bis dahin hatte man aus meinem Familien- und Bekanntenkreis Menschen wegen versuchter Republikflucht inhaftiert, meine Post in meiner vierjährigen Internatszeit geöffnet, mir das Direktstudium verweigert“, sagte Sünder dem Tagesspiegel weiter. „Das ist wenig im Vergleich zu dem, was mutigere Menschen erduldeten.“ Aber es habe gereicht, um sich Gedanken zu machen – über Freiheit, über Wahrheit und Politik, fügte sie hinzu.

Sie sei mit ihrer DDR-Biografie im Reinen, betonte Sünder. „Wie Tausende anderer Kinder in der DDR war ich Mitglied in der Pionier- und FDJ-Organisation. 1996 wurde ich dann Mitglied der SPD – dieser Zustand hält an“, sagte die 48-Jährige, die seit Anfang 2017 Sprecherin des Berliner Senats ist.

Weiter schilderte Sünder, wie sie versuchte, ihrem Berufsziel, Journalistik zu studieren, in der DDR näher zu kommen. Zunächst habe sie ein Volontariat beim „Pressedienst Berlin“ absolviert. „Als dann nach erfolgreichem Ende meines Volontariats die Entscheidung des Betriebs über eine sogenannte Delegation zum Studium anstand, wurde mir mitgeteilt, ich sei ‚politisch nicht zuverlässig genug‘. Diese Äußerung vergesse ich nie“, sagte die Senatssprecherin.

Danach habe sie dennoch zunächst weiter für den Pressedienst gearbeitet. Sie habe Verantwortung für die Seite „Familie/Freizeit/Soziales“ erhalten. Ihre erste selbst gestaltete Seite besitze sie noch. „Sie ist 25 Jahre alt und vergilbt, aber sie bedeutet mir etwas“, sagte Sünder. Nach dem Mauerfall habe sie dann ein Studium an der Freien Universität im Westen Berlins aufgenommen.

Sünder sieht sich Medienberichten zufolge derzeit Vorwürfen ausgesetzt, angeblich falsche Angaben über ihre Vita gemacht zu haben. Der Schriftsteller, Mediziner und Experte für chinesische Heilverfahren, Hans-Joachim Lehmann, veröffentlichte demnach seine Mutmaßungen im Rahmen eines 80-seitigen Schreibens, dass er an mehrere Redaktionen und Politiker geschickt haben soll. Die Senatskanzlei habe mittlerweile Anzeige erstattet und die Staatsanwaltschaft Ermittlungen „wegen Beleidigungsdelikten“ aufgenommen, berichtet etwa die Berliner Zeitung (Dienstag). Unter anderem soll es eine Hausdurchsuchung bei dem Schriftsteller gegeben haben. Als Erstes hatte das Magazin Stern Anfang August darüber berichtet. (epd)