Große Freude statt großer Frust

Die Kroaten feiern ihr Niederlage im WM-Finale wie einen Sieg. Von nationalistischem Taumel keine Spur

Aus Split Erich Rathfelder

Als die kroatische Mannschaft am Montag in Zagreb eintreffen sollte, warteten bereits Zehntausende. Eine natürliche, herzliche, leichte und witzige Atmosphäre entstand im Zentrum Zagrebs trotz der Niederlage in Moskau.

Kroatien hat sich mit dem 2:4 abgefunden und ist jetzt stolz auf eine Mannschaft, der es gelungen ist, nach Rückständen immer wieder aufzustehen. Die Mannschaft hat gut gespielt, gekämpft, nie aufgegeben und Spielmacher Luka Modric wurde zum besten Spieler des Turniers gewählt. Natürlich werden Szenen, wie der Freistoß und der Elfmeter für die Franzosen immer noch diskutiert. Doch schon kurz nach der Niederlage begannen die Fans im ganzen Land zu feiern, Feuerwerke wurden abgebrannt, junge Leute tanzten auf den Straßen.

Die Fußballszene Kroatiens hat sich in den letzten Tagen dramatisch geändert. Bestimmte noch vor dem Achtelfinale die traditionelle und rechtslastige Hooliganszene das Bild der kroatischen Fans, so waren es danach die jungen Leute, die auf den Straßen und beim Public-Viewing das Geschehen beherrschten.

Befürchtungen, die Kroaten würden in einen chauvinistischen Taumel verfallen, erwiesen sich als haltlos. Die jungen Frauen verdrängten die Hooligans. Trotz der Niederlage wurden sogleich auch Witze über die Präsidentin gemacht, die in ihrer Freude nicht nur die Spieler der eigenen Mannschaft, sondern auch die Franzosen umarmte. Auch die Schiedsrichter wurden geknuddelt. „Hat sie es wirklich geschafft, auch die Hausmeister des Stadions abzuküssen“, fragte ein Mann an der Riva in Split unter großem Gelächter der Umstehenden.

Böse Kommentare gab es nicht. Das Land mit seinen vier Millionen Einwohnern hat es den Großen gezeigt und seinen Ruf als Sportnation mit dem Fußball gefestigt.

Doch das WM-Finale bedeutet das nahende Ende dieser goldenen Generation. „Ich wünschte, wir wären jetzt 24“, sagte der 29 Jahre alte Verteidiger Dejan Lovren traurig. Den Vizetitel werden sie kaum verteidigen können: Beim Anpfiff der WM 2022 in Katar wird Modric 37 Jahre alt sein, Mario Mandzukic 36 und Torwart Danijel Subasic 38. „Wir waren nah dran und haben den besten Fußball gespielt“, sagte Modric nach der Niederlage.