Überall noch mehr dicke Luft

Vier Städten in Niedersachsen drohen Fahrverbote für Dieselautos. In Kiel wird weiter diskutiert

Ministerpräsident Weil will der Luftverschmutzung auch ohne Verbote Herr werden

Von Sven-Michael Veit

Vier niedersächsische Städte haben weiterhin ein Problem mit ungesunder Luft durch Dieselabgase: In Hannover, Oldenburg, Osnabrück und Hildesheim sind die Grenzwerte für Stickstoffdioxid in der ersten Jahreshälfte erneut überschritten worden. Das berichtet NDR1 Niedersachsen unter Berufung auf Messdaten des Staatlichen Gewerbeaufsichtsamtes Hildesheim.

Offen sei, ob die betroffenen Städte daraus Konsequenzen bis hin zu Fahrverboten für Dieselautos ziehen wollen oder müssen. Denn ob der zulässige Jahresmittelwert von 40 Mikro­gramm Stickstoffdioxidbelastung überschritten wird, zeigt sich erst Ende des Jahres.

Allerdings hat schon der Mittelwert der vergangenen zwölf Monate von Juni 2017 bis Mai 2018 den zulässigen Jahresmittelwert überschritten. Deshalb ist davon auszugehen, dass sich daran in 2018 nichts ändern wird. Ob aber Dieselfahrverbote auf einzelnen Straßen die Probleme mit der Atemluft mindern können, prüfen Hannover und Osnabrück derzeit. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) geht indes weiter davon aus, dass die Städte die Luftverschmutzung auch ohne Fahrverbote in den Griff bekommen werden.

Wegen der hohen Luftverschmutzung hat die Deutsche Umwelthilfe (DUH) gegen mehr als zwei Dutzend Kommunen Klagen angestrengt. In Hannover ist allerdings noch kein Verhandlungstermin in Sicht, wie eine Sprecherin des Verwaltungsgerichts dem NDR sagte. Beide Seiten tauschten derzeit noch Gutachten aus.

Als bundesweit erste Stadt hatte Hamburg am 31. Mai Diesel-Fahrverbote wegen zu hoher Schadstoffbelastung der Atemluft verhängt. Zwei besonders hoch belastete Verkehrsachsen im Bezirk Altona wurden streckenweise für ältere Dieselautos und Lastwagen gesperrt. Das betrifft rund 580 Meter der Max-Brauer-Allee sowie einen etwa 1,6 Kilometer langen Abschnitt der Stresemannstraße. Ausgenommen vom Fahrverbot sind zum Beispiel AnwohnerInnen, Busse, Krankenwagen, Polizei, Feuerwehr und Lieferanten.

Anlass für die Maßnahme ist das Diesel-Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Februar. Dieses hatte Diesel-Fahrverbote in Städten für grundsätzlich zulässig erklärt.

Heftigen politischen Streit gibt es weiterhin in Schleswig-Holsteins Landeshauptstadt. Kiel ist eine der am stärksten mit Luftschadstoffen belasteten Städte Deutschlands. Vor allem die täglich knapp 100.000 Fahrzeuge auf der Stadtautobahn Theodor-Heuß-Ring – darunter gut 20 Prozent Dieselfahrzeuge – werden dafür verantwortlich gemacht.

Im Laufe des Sommers sollen Stellungnahmen und Verkehrsgutachten ausgewertet werden, danach wird der überarbeitete Luftreinhalteplan öffentlich, auch mit Anwohnern, Umweltverbänden und Verkehrsinitiativen, debattiert. Erst danach sind Fahrverbote rechtlich möglich.