„Wir hatten nie Probleme durch Islamophobie“

Ajdin Suljakovic, Diplom-Theologe und Imam des islamischen Kulturzentrums Saraj Bosna, glaubt, dass Islamunterricht an Schulen gegen Radikalisierung hilft

Foto: privat

Ajdin Suljakovic(hier mit seiner Ehefrau Fatima), ist Iman im Islamischen Kulturzentrum Saraj Bosna in Osnabrück

taz: Herr Suljakovic, wer kommt zum Freitagsgebet in Ihre Moschee?

Ajdin Suljakovic: Meistens sind es Rentner, die haben am meisten Zeit; viele sind Gastarbeiter aus den 70ern. Seit ein paar Jahren kommen aber auch immer mehr Berufstätige. Jugendliche sind auch dabei, besonders im Sommer, wenn das Gebet um 15 Uhr anfängt.

Warum gibt es eigentlich zwei bosniakische Gemeinden in der Stadt? Ist das eine Frage der Herkunftsregion?

Genau. Zu Anfang war es nur eine Gemeinde, aber nach dem Krieg in Bosnien hat sie sich geteilt. Zu uns kommen die bosnischen Bosniaken, zur „Islamischen Gemeinschaft der Bosniaken“ gehen viele aus den südlichen Teilen Serbiens, aus Teilen Montenegros und Mazedoniens. Trotz unserer Spaltung haben wir ein sehr gutes Verhältnis zueinander. Wir besuchen ihre Moschee, sie unsere.

Wie ist die Zusammenarbeit mit den Imamen der anderen muslimischen Gemeinden Osnabrücks? Findet man da schnell gemeinsame Positionen?

Wir treffen uns jeden zweiten Mittwoch in einer der Osnabrücker Moscheen, dann frühstücken wir zusammen. Das ist seit zehn Jahren Brauch. Wir berichten, was in den Gemeinden gerade passiert und beraten uns gegenseitig.

Da gibt es keinerlei Schwergängigkeit?

Schwergängig ist dabei nur die „Lingua Franca“. Unter uns sind ja arabische, türkische und bosnische Imame. In meisten Fällen unterhalten wir uns dann auf Arabisch. Diese Sprache lernen alle Imame in ihrer Ausbildung, weltweit.

Sie studieren am Institut für Islamische Theologie der Universität Osnabrück.

Wobei das Studium hier eins auf Lehramt ist, als Ergänzung zu meinem Studium in Sarajevo. Mir wurden die islamischen Fächer angerechnet, und ich habe mich auf das zweite Fach konzentriert, Englisch.

Wie wichtig ist ein solches Institut?

Ich bin stolz, dass in Osnabrück so ein Institut existiert: Wir brauchen mehr Islamische Theologen und Imame, die in Deutschland ausgebildet sind.

Die Islamophobie nimmt zu, nicht nur am rechten Rand unserer Gesellschaft. Spüren Sie und Ihre Gemeinde das, im Alltag?

Unsere Gemeinde existiert seit 27 Jahren, und wir hatten nie Probleme durch Islamophobie. Letztens habe eine Moscheeführung geleitet, Schüler eines Gymnasiums waren bei uns. Wir hatten einen großartigen Austausch. Am Ende haben wir gedacht: Wie schön wäre es, wenn die „Tagesschau“ davon berichten würde, um 20 Uhr, statt erneut eine Negativmeldung zu bringen, in Bezug auf den Islam. So könnte man die steigende Islamophobie am besten bekämpfen.

Was sagen Sie zu Vorfällen wie dem vom 28. April, als ein Mann einer 11-jährigen Muslima das Kopftuch herunterriss?

Wir dürfen uns nicht von den Einzelfällen entmutigen und einschüchtern lassen. Ich als ein Muslim und Vorbeter fühle mich sicherer in Osnabrück als in manchen Städten in meinem Heimatland Bosnien und Herzegowina.

Was denken Sie über die Einschätzung von LKA-Präsident Uwe Kolmey, Osnabrück sei eine Hochburg des Salafismus?

Für uns in Osnabrück fühlt sich das nicht so an. Die Moscheegemeinden und die Imame, die sich regelmäßig treffen, haben keine Ex­tremisten bemerkt. In meiner Gemeinde klären wir unsere Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen durch den Moscheeunterricht auf, was die richtige Auslegung des Islams ist: die Lebensweise des Propheten Muhammed, Allah segne ihn und gebe ihm Heil, und sein Weg war der gemäßigte Weg, der Weg der Mitte, ohne Übertreibung auch in religiösen Angelegenheiten.

Auch an deutschen Schulen gibt es ja Islam­unterricht.

Und das finde ich gut, denn da werden auch die muslimischen Kinder in Sachen Islam aufgeklärt, die durch ihre Eltern nicht in die Moschee gebracht werden und nur irgendwo im Hinterkopf wissen, dass sie Muslime sind. Die sind sonst sehr anfällig gegenüber Predigern, die sich hinter dem Islam verstecken, um ihre persönliche Interessen zu verwirklichen.