Neues Leihmütter-Gesetz in Israel: Schwule Männer benachteiligt

Heteros und Frauen dürfen in Israel Kinder von Leihmüttern bekommen, schwule Männer nicht. Solidarität kommt jetzt von It-Firmen.

Vier schwule Männer beim Tel Aviv Pride

Mit seinen liberalen LGBT-Rechten schmückt sich Israel gerne, beim Thema Leihmütter aber benachteiligt es schwule Männer Foto: reuters

BERLIN taz | Israels LGBT-Gemeinde zürnt. Grund ist die Entscheidung des Parlaments gegen das Recht für schwule Paare und alleinstehende Männer, den Dienst von israelischen Leihmüttern in Anspruch nehmen zu dürfen, wie es heterosexuellen Paaren schon lange und jüngst auch alleinstehenden Frauen erlaubt ist. Rund 80.000 Demonstranten zogen am Wochenende auf den Jitzhak-Rabin Platz vor dem Tel Aviver Rathaus, um gegen diese offene Benachteiligung zu protestieren.

„Wir werden nicht länger schweigen“, riefen die Demonstranten auch in anderen israelischen Städten. Mitauslöser für die Aufregung war zudem ein Messerüberfall auf eine Trans*Person vergangene Woche in Tel Aviv. Im internationalen Vergleich genießen die Mitglieder der LGBT-Gemeinde in Israel sehr weitgehende Rechte. Gerade Regierungschef Benjamin Netanjahu rühmt Israel gern für die Liberalität und sexuelle Freiheit vor allem im Vergleich zu den muslimischen Nachbarländern. Nicht zuletzt lässt sich mit dem LGBT-Tourismus gut verdienen. Der diesjährige CSD in Tel Aviv ließ es mit über 200.000 Teilnehmern in den Kassen klingeln. Netanjahu hatte anfangs sogar in Aussicht gestellt, die Gesetzesreform zum Thema Leihmütter auch für alleinstehende Männer und schwule Paare zu unterstützen, machte am Ende jedoch einen Rückzieher.

Kinder genießen in Israel hohen Stellenwert. „Geht hin und mehrt euch“, heißt es schon in der Bibel, und den Wunsch nach Nachwuchs haben auch schwule Paare. Schon ist von einem Babyboom die Rede: Gut 200 neue Weltenbürger landen jährlich bei zwei israelischen Vätern.

Vorläufig bleibt den Männern keine andere Wahl, als auf Leihmütter im Ausland, vor allem in den USA, zurückzugreifen, was nicht nur teuer ist. Problematisch ist auch, dass die Frauen in der Regel keine Jüdinnen sind, der Nachwuchs damit auch nicht. Eine Adoption ist jedoch nur möglich, wenn die Adoptiveltern dieselbe Religion wie die Kinder haben. Der nicht leibliche Vater kann erst dann eine Adoption in die Wege leiten, nachdem das Kind zum Judentum konvertiert ist. Das wiederum lehnt das orthodoxe Rabbinat, das in Israel eine Monopolstellung genießt, bei gleichgeschlechtlichen Eltern ab.

Firmen solidarisieren sich mit Schwulen Mitarbeitern

Aus Solidarität mit ihren schwulen Mitarbeitern kündigten mehrere Unternehmen an, einen Teil der Kosten für die Leihmutterschaft im Ausland zu übernehmen. Die israelischen Filialen von Microsoft und eBay schlossen sich am Sonntag dem Streik an, den die Histadrut, Israels zentrale Gewerkschaft am Sonntag ausrief. „Der Kampf für gleiche Rechte der LGBT-Gemeinde“, so argumentierte Gewerkschaftschef Avi Nissenkorn, „ist ein wesentlicher Kampf für Israels Gesellschaft.“

Parallel zum Protest gegen das Leihmüttergesetz rief die Transgender-Gemeinde zur Solidarität mit Mia Hadad auf, die in der vergangenen Woche mit einem Messer angegriffen worden war. „Wir sind keine Tiere, wir brauchen unsere Rechte“, forderte Hadad gegenüber dem Nachrichtenportal Ynet. „Acht Millionen Leute – warum nur zwei Gender“, riefen die Demonstranten vor dem Tel Aviver Rathaus.

Vorläufig bleibt Israels Schwulen nur, sich Leihmütter im Ausland zu suchen

„Wir fordern die dumme Trennung in Jungs und Mädchen, blau und rosa, heraus“, sagt Elisha Alexander, DirektorIn von der israelischen Transgemeinde Maavarim (Übergänge). Sie habe es satt, die Gesellschaft darüber entscheiden zu lassen, „was wir anziehen, wie wir uns verhalten und wen wir lieben“. Das sei eine Gesellschaft, die „uns in die Prostitution und Armut treibt“.

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