Andreas Speit
Der rechte Rand
: Mehr Stellen
als Nazis

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Akademiker müssten sich eigentlich freuen. Wo kann man schon politische Debatten mitgestalten, so vielseitig und flexibel arbeiten und gleichzeitig auch noch so gut dafür entlohnt werden –von den persönlichen Aufstiegschancen ganz zu schweigen. Doch das scheint im Falle der AfD nicht zu reichen: Die Fraktionen benötigen immer wieder wissenschaftliche Referenten. Auf ihren Websites suchen sie nach Personal. In Hamburg etwa schreibt die Fraktion um Jörn Kruse gerade „zur Verstärkung ihres Teams“ einen motivierten wissenschaftlichen Mitarbeiter für die Haushalts- und Finanzpolitik aus.

Der Anwärter soll die fachpolitischen Sprecher der Fraktion und den zuständigen Arbeitskreis bei der Arbeit unterstützen und eigene politische Initiativen erarbeiten. Erwartet wird eine „erfolgreich abgeschlossene Hochschulausbildung sowie fundierte Kenntnisse im Bereich öffentliche Finanzen“ oder „langfristige Erfahrungen im Bereich der Finanzpolitik“. Besonders viel Wert legt die Fraktion außerdem auf „gepflegte Umgangsformen sowie gute Kommunikations- und Teamfähigkeit“.

In Hannover bietet die Fraktion von Dana Guth eine Jobperspektive im wirtschaftspolitischen Bereich. Da wird ein „Fachreferent für den Bereich Wirtschaft, Arbeit und Verkehr“ gesucht. Er soll ebenfalls die Fachreferate unterstützen und parlamentarische Initiativen ausarbeiten. Beim Profil des Bewerbers bleibt die Fraktion allerdings wage: „Der Stelleninhaber weist ein Kompetenzprofil mit den Ausschuss-immanenten Schwerpunkten auf bzw. baut sich dieses im Rahmen seiner Tätigkeit auf“. Immerhin konkretisiert sie, dass seine politische Arbeit sich an der „Programmatik der AfD auf Bundes- und Landesebene“ orientieren müsse.

Dass die Partei Referenten sucht, überrascht Rechtsextremismusexperten nach den Wahlerfolgen der AfD nicht. Die Wahlerfolge bescheren ihr Stellen, die kaum aus ihrem Spektrum zwischen neurechter Junger Freiheit, dem „Institut für Staatspolitik“ oder rechten Burschenschaften abgedeckt werden können. Helmut Kellershohn vom Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung wundert es auch nicht, dass die Fraktionen im ökonomischen Bereich suchen. Seit die AfD in den Parlamenten sitzt, stünden die Rechtsintellektuellen vor dem gleichen Dilemma wie ihre eigenen Vordenker aus der „Konservativen Revolution“.

Andreas Speitarbeitet als freier Journalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland.

Diese stellten das Primat der Politik stets vor die Ökonomie, erklärt Kellershohn, der seit Jahren die Entwicklung der Neuen Rechten analysiert. „Jetzt wo die Expertise von Fachleuten gefragt ist, entpuppt sich die Borniertheit möglicherweise als Einstellungshindernis.“