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: Sondermüllverbrennung im schwimmenden Luxushotel

In seinem Kreuzfahrt-Ranking 2018 kritisiert der Umweltverband Nabu die miserable Ökobilanz der meisten Luxusliner. Nur ein Schiff sei uneingeschränkt empfehlenswert

Das Neue

Luxusliner können mit sauberer Energie betrieben werden. In seinem Kreuzfahrt-Ranking 2018, den der Naturschutzbund (Nabu) am Dienstag in Hamburg vorstellte, zeichnet er zum ersten Mal in acht Jahren ein Schiff mit vier grünen Schiffsschrauben, der Bestnote, aus: die „Aida Nova“ der Rostocker Reederei Aida Cruises, die am selben Tag in der Meyer-Werft in Papenburg an der Ems vom Stapel lief. Ab November soll das 337 Meter lange schwimmende Hotel für 5.000 Passagiere auf Kreuzfahrten gehen – als weltweit erstes Passagierschiff angetrieben von umweltfreundlichem LNG (Liquified Natural Gas, Dt. Flüssig­erdgas). Zwei weitere LNG-Schiffe sind bereits zum Stückpreis von fast einer Milliarde Euro bestellt.

Der Kontext

Luxusliner für Tausende Fahrgäste mit ihren Kabinen, Küchen, Wäschereien, Restaurants, Kinos, Bars, Discos und Theatern haben den Energieverbrauch einer Kleinstadt. Und das nicht nur auf hoher See: Während die Passagiere in Hafenstädten auf Landgang sind, erzeugen die Schiffsdiesel munter Strom. „Da liegen Ölkraftwerke mitten in der Stadt“, sagt Dietmar Oeliger, Leiter Verkehrspolitik beim Nabu-Bundesverband.

Und sie stoßen die Abgase meist ungefiltert wieder aus: Schwefeldioxid, Feinstaub, Rußpartikel, Kohlendioxid. Ein großes Schiff erzeugt nach Angaben des Nabu täglich so viel Umweltschadstoffe wie eine Million PKWs. Denn verbrannt werden bislang zumeist hochgiftiges Bunkeröl, ein billiges Abfallprodukt bei der Herstellung von Heizöl, oder Marinediesel, der weitaus mehr Schadstoffe emittiert als Autodiesel. „Schwimmende Sondermüllverbrennungsanlagen“ nennen Umweltschützer deshalb die Luxusliner.

Von 75 aktuell vor Europa kreuzenden Passagierschiffen hat der Nabu nun 62 mit der schlechtesten Note, vier roten Schiffsschrauben, bewertet. Zwölf bekamen eine halbe bis dreieinhalb grüne Schrauben, nur die „Aida Nova“ alle vier: „Wenn schon Kreuzfahrt, dann auf diesem Schiff“, sagt Oeliger. „Dieses Schiff ist die Trendwende.“

Die Konsequenz

Der Nabu fordert, dass Reedereien gefälligst nur noch Schiffe mit umweltfreundlichem Antrieb bauen lassen und weitere Maßnahmen wie den Einbau von Rußpartikelfiltern oder Katalysatoren, bei Pkws längst selbstverständlich, vornehmen. Und in den Häfen sollte der Anschluss an Landstromanlagen, die Schiffen Ökostrom liefern, zur Pflicht gemacht werden. Um Druck auszuüben, sollten außerdem die großen Kreuzfahrthäfen – in Deutschland sind das Hamburg, Kiel und Rostock-Warnemünde – dreckigen Schiffen ab 2020 die Zufahrt verwehren.

Die Reaktionen

Die Schifffahrt könne nur international geregelt werden, sagt die Hamburger Wirtschaftsbehörde. So habe die Internationale Seeschifffahrts-Organisation IMO 2016 beschlossen, den Schwefelgrenzwert im Öl ab 2020 auf 0,5 Prozent zu begrenzen – ein Fortschritt: „Diese Entwicklung wäre vor zehn Jahren nicht zu erwarten gewesen.“ Einfahrverbote für Kreuzfahrtschiffe jedoch „kommen nicht infrage“. Sven-Michael Veit