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: Die Keiljungfer

Foto: Carola Bria/dpa

Der Platz ist zu knapp: Schierlings-Wasserfenchel oder Asiatische Keiljungfer – auf der Billwerder Insel an der Norderelbe kann nur einer von beiden leben. Finden zumindest die Hamburger Umweltverbände BUND, Nabu und WWF. Und deshalb müsse eine „artenschutzrechtliche Konfliktanalyse“ durchgeführt werden mit der Folge, dass es mit der geplanten Elbvertiefung weiterhin nichts wird. Wogegen die drei Verbände ja nichts hätten.

Auf besagter Billwerder Insel an der Elbe oberhalb der Stadt sollen zwei ehemalige Absetzbecken der Hamburger Wasserwerke so umgebaut werden, dass sie unter den Einfluss von Ebbe und Flut kommen und der Schierlings-Wasserfenchel dort wachsen kann. „Damit dürften sich die Bedenken des Bundesverwaltungsgerichts demnächst erledigt haben“, hofft Hamburgs Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos). Denn das hatte im Februar geurteilt, Hamburg müsse erst den extrem seltenen Schierlings-Wasserfenchel retten, der weltweit nur an der Unterelbe wächst. „Unseren Pandabären“ nennen ihn deshalb die Umweltverbände.

Doch dann wurden eben auf dem erhofften Ausweichquartier für den Doldenblütler mehrere Larven der Asiatischen Keiljungfer gefunden, eine streng geschützte Libellenart, die es in Hamburg eigentlich gar nicht gibt. Es müsse sich um eine „Verdriftung“ handeln, mutmaßten Befürworter der Elbvertiefung sogleich, die Larven seien also „rein zufällig“ dort hingespült worden. Besonders energische Fans der Flussausbaggerung sinnierten hinter vorgehaltener Hand sogar darüber, dass ein besonders renitenter Naturschützer mehrere Puppen von Gomphus flavipes aus dem Türkei-Urlaub mitgebracht und ebenso heimlich wie vorsätzlich in den projektierten Lebensraum des Schierlings-Wasserfenchels eingeschmuggelt habe, um die Elbvertiefung zu sabotieren.

Die Umweltverbände hingegen halten es für gut möglich, dass das Areal „ein Larvenhabitat der Asiatischen Keiljungfer darstellen könnte“. So steht es in der umfangreichen Stellungnahme ihrer Rechtsanwälte gegen die Elbvertiefungspläne. Gutachter im Auftrag der Planungsbehörden hätten zwar die Lebensbedingungen auf der 1,5 Hektar kleinen Billwerder Insel „als nicht optimale Habitatsausprägung“ für die seltene Libelle klassifiziert, „das aber ist nicht gleichbedeutend damit, dass gar keine Entwicklung stattfinden kann“, heißt es in dem Schriftsatz. Ein „Anpassungsvermögen der Art“ sei nicht auszuschließen, „wenngleich die Bedingungen nicht den optimalen entsprechen mögen“. Nichts Genaues weiß also niemand, aber möglich kann alles sein.

Riot kann nicht nur die Antifa: Die taz nord stellt in loser Folge Unerschrockene aus dem Tierreich vor, die sich menschlichen Bauvorhaben in den Weg gestellt haben.

Wie die Planungsbehörden das Libellenproblem lösen wollen, dürfte schon bald klar werden. Noch in diesem Monat soll nach taz-Informationen die Planfeststellung für die Elbvertiefung veröffentlicht und mit dem Baggern begonnen werden. Es sei denn, die Freunde der Keiljungfer ziehen wieder vor Gericht. Sven-Michael Veit