Grün durch Abgas-Ablass

Mit einem „Masterplan“ will Bremen sich um Bunde-Millionen bewerben, um Diesel-Fahrverbote zu vermeiden und die Luftqualität zu verbessern. Dem BUND reicht's nicht

Unbezäunt raste der Velotörn einst über Bremer Brücken. Jetzt ist das vorbei Foto: Veranstalter

Von Jean-Philipp Baeck

Mit einen Bündel an Projekten will Bremen die Luftqualität in der Stadt verbessern. Dazu zählen autonom fahrende Busse, mehr Elektromobilität, eine digitale Verkehrsführung, aber auch ein Radweg entlang der Wallanlagen und – mittels Brücken – über die Weser. Diese Maßnahmen zumindest stehen in einem 214 Seiten dicken Bericht namens „Masterplan Green City“, den das Umweltressort am Mittwoch vorgestellt hat. Mehrere zehn Millionen Euro sollen investiert werden – Geld, das vom Bund kommt.

Denn einen Masterplan Green City stellt nicht nur Bremen auf. 2017 hatten sich Bundesregierung und Kommunen auf ein Sofortprogramm zur Vermeidung von Fahrverboten geeinigt. Eine Milliarde Euro gibts dafür.

Dass auch die Automobilindustrie 250 Millionen Euro beisteuert, wurde im Zuge des sogenannten „Diesel-Gipfels“ von Bundesregierung und Autokonzernen in Reaktion auf deren weitreichende Abgas-Manipulationen ausgehandelt. In Bremen wurden die Grenzwerte bei der Stickoxid-Belastung 2017 zwar eingehalten, 2016 aber überschritten, was die Stadt zu einer Bewerbung um die Bundesmittel berechtigt.

Das Umweltressort setzt dabei weiterhin vor allem auf den öffentlichen Nahverkehr, Fahrräder und Carsharing, statt auf die Veränderung des motorisierten Individualverkehrs. Das wurde auch bei der Vorstellung des Masterplans im Zentrum der BSAG klar, bei der BSAG-Vorstandssprecher Hajo Müller und der Geschäftsführer des Verkehrsverbunds VBN, Rainer Counen, dabei waren.

Während in Hamburg etwa der ehemalige Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) von Enthüllungen neuer Strom-Tanksäulen nicht genug kriegen konnte, ist das Ressort von Umweltsenator Joachim Lohse (Grüne) zurückhaltender. Bremen will weniger Autoverkehr – nicht einfach nur elektrischen.

„Man muss sich fragen, ob der Bürgermeister ein Tankwart ist“, sagte dazu Gunnar Polzin, Abteilungsleiter für Verkehr im Umweltressort. „Elektro-Tankstellen sind per se keine öffentliche Aufgabe, auch wenn die Automobilkonzerne eine starke Erwartungshaltung formulieren.“

Anders sieht man es daher bei strombetriebenen Bussen. Diese würden neben dem Emissionsproblem auch den Lärm in der Stadt reduzieren.

„Elektro-Tankstellen sind per se keine öffentliche Aufgabe“

Gunnar Polzin, Leiter Verkehrsreferat im Umweltressort

Allerdings: Mit Bestellungen bei deutschen Herstellern wird es vorerst nichts: Es gebe drastische Lieferengpässe, erklärte BSAG-Vorstand Müller. Auch, bis man autonom fahrende Busse per App zu sich wird rufen können, dürften noch einige Testphasen vergehen.

Für Polzin ist deshalb die Digitalisierung von Verkehrssystemen das zunächst wichtigste Thema. Die Vernetzung etwa der Apps von BSAG, Taxen, Carsharing-Anbietern oder auch den Parkhäusern der Brepark stehen in dem Masterplan, die Umsetzung einer Grünen Welle auch für Radfahrer oder etwa eine nachbarschaftliche Parkraumnutzung. Für diesen Bereich sollen erste Anträge noch im August gestellt werden.

Als bloßes „Feigenblatt“ hingegen bezeichnete die Umweltorganisation BUND den Masterplan. „Kurzfristig wird damit die Luftqualität nicht verbessert“, erklärte Landesvorsitzender Dieter Mazur. Vielmehr werde Bremen Opfer der „fehlgesteuerten Vorgaben des Bundesverkehrsministeriums“, das wirkungsvolle Maßnahmen wie die Hardware-Nachrüstung für Dieselfahrzeuge ablehne. In Bremen vermisst der BUND die zügige Umsetzung bereits beschlossener Maßnahmen, wie Fahrrad-Premiumrouten, Fahrradbrücken über die Weser und den Ausbau des Straßenbahnnetzes.

Verkehrsreferatsleiter Polzin wies die Kritik zurück. Die Förderung etwas des Radverkehrs werde auch jenseits des Masterplans vorangetrieben.