das portrait
: Hermann Theisengegen die Justiz

Kennt sich aus mit Prozessakten: Hermann TheisenFoto: privat

Hermann Theisen darf nicht nach Frisoythe. Zumindest nicht, um vor dem Firmensitz von Vet Pharma in der Kleinstadt westlich von Oldenburg zu protestieren. Bei einer Kundgebung am 1. August wollte er dort Flugblätter verteilen und Mitarbeiter dazu auffordern, Interna zu verraten. Vet Pharma steht derzeit unter Verdacht, ein Tierbetäubungsmittel ohne Genehmigung in die USA zu exportieren. Dort ist das Mittel vermutlich Teil des Giftcocktails, der bei der Todesstrafe eingesetzt wird. „Es kann nicht sein, dass die Todesstrafe so indirekt unterstützt wird“, findet Theisen.

Aber die Stadtverwaltung untersagte ihm die Aktion. Jetzt klagt der 54-Jährige. Und das ist nicht sein erster Prozess gegen eine Stadt und deren Behörden.

Hermann Theisen ist Friedensaktivist und protestiert seit 30 Jahren gegen Atomwaffen, Rüstungsexporte und jetzt auch den Export illegaler Substanzen. „Wenn mich ein Thema genug empört, ist es mir wichtig, das auch auszudrücken“, sagt er. Zwischen ein und drei Aktionen macht der Sozialarbeiter aus der Nähe von Heidelberg pro Jahr.

Angefangen hat er in den 80er-Jahren mit Sitzblockaden und Go-ins gegen die Stationierung von Atomwaffen in Deutschland. Mittlerweile verteilt er fast ausschließlich Flugblätter, in denen er die Mitarbeiter von Unternehmen zum Whistleblowing aufruft. Diese Aktionen enden nicht selten mit rechtlichen Verfahren gegen ihn.

„Insgesamt habe ich etwa 20 bis 30 Verfahren bestritten“, erzählt Theisen. „Die habe ich fast alle gewonnen.“ Zum Glück. Denn sonst wäre sein Leben als Aktivist ganz schön teuer. „Wenn es um Geldstrafen für meine Aktionen geht, zahle ich die selber“, sagt er. Bei den Prozesskosten setzt er auf die Unterstützung verschiedener Friedensbewegungen.

Drei Mal musste er nach einer Verurteilung trotzdem ins Gefängnis. Einmal drei Tage, einmal sechs Tage und einmal 30 Tage. Im Nachhinein wurden diese Urteile jedoch alle vom Verfassungsgericht wieder aufgehoben.

Trotz allem habe er großes Vertrauen in das deutsche Rechtssystem, sagt der Aktivist. Urteile, die er zugunsten der Meinungsfreiheit erstritten hat, sind für ihn seine größten Erfolge. „In Deutschland ist das glücklicherweise ein hohes Gut. In Ländern wie der Türkei oder Russland sähe das wahrscheinlich anders aus.“