heute in bremen
: „Israel und Iran verbindet eine lange Geschichte“

Foto: Kevin Liebig

Natalie Amiri, 40, Orientalistin, Journalistin, leitet seit 2015 das ARD-Studio Teheran.

Interview Benno Schirrmeister

taz: Frau Amiri, gibt es etwas an der Islamischen Republik Iran, dass Sie richtig toll finden?

Natalie Amiri: Am Iran finde ich sehr vieles toll, wenn man die Islamische Republik weglässt. Es ist ein Land – und auch darüber zu berichten sehe ich als meine Aufgabe – mit einer großen Kultur, herausragenden, intellektuell sehr offenen Menschen, ein sehr junges Volk, das von einem autoritären Staatsapparat eingeengt wird – und jetzt erleben muss, wie es wieder in die Isolation geführt wird.

Was wir dort erleben, sind Vorbereitungen für einen Krieg?

Mindestens ist es psychologische Kriegsführung. Es ist immer wieder von möglichen Angriffen die Rede, von Präventivschlägen oder denkbaren Cyber-Attacken. Und sämtliche europäischen Firmen ziehen sich aus dem Iran zurück, auch wenn sie darüber ungern reden, denn es ist ja nicht so rühmlich, dem Druck der USA so zu gehorchen. Es ist das genaue Gegenteil zu der Bewegung von 2015 …

… als das Atomabkommen geschlossen worden war?

Damals war der Iran der sich öffnende Investitionsmarkt, es kam eine Delegation nach der anderen. Auch mein Auftraggeber war interessiert an positiven Geschichten aus dem Iran.

Aber die Hetze der geistlichen Führer gegen Israel hatte kein bisschen abgenommen?

Nein, gar nicht. Interessant ist in dem Zusammenhang, dass Khamenei jetzt bei seiner Ansprache zu Eid-e-Ghorban, dem Opferfest, erstmals keinen Aufruf zum Kampf gegen Israel formuliert hat. Es scheint, als merke man, dass man sich in einer Sackgasse befindet und zwischen den vielen Fronten, der wachsenden Opposition im Inland und den außenpolitischen Aggressionen in die Bredouille gerät.

Radio Bremen – Sommergäste: Natalie Amiri, Livesendung, Rangfoyer, Goetheplatztheater, und Bremen 2, UKW 88,3, Samstag, 11.05 Uhr

Sie haben mal gesagt: Sie wollen einen Beitrag über die Freundschaften zwischen Iranern und Israelis drehen. Wird der länger als eine Minute?

Das wird ein sehr langer Beitrag: Israel und den Iran verbindet eine sehr lange Geschichte wechselseitiger Beziehungen, und im Iran gab es vor der islamischen Revolution die größte jüdische Gemeinde im Nahen Osten jenseits von Israel. Es gibt sehr viele, sehr alte Freundschaften, und es gab intensive wirtschaftliche Beziehungen – deren sichtbarster Ausdruck das Flughafengebäude von Teheran ist.

Wieso?

Das wurde von israelischen Ingenieuren gebaut – und hat den Grundriss eines Davidsterns. Die Feindschaft ist eine gefakte Feindschaft, die dazu dient, um als schiitisches Regime in der Region überleben zu können.