wie machen sie das?
: Die Friseurin

Claudia Pfister, 53, hat seit 27 Jahren ihren eigenen Friseursalon in Freiburg.

taz am wochenende: Frau Pfister, zu Ihnen kommen Menschen, die gern reden, aber auch solche, die ihre Ruhe möchten, wenn Sie Ihnen die Haare schneiden. Das sieht man denen aber nicht an. Wie machen Sie das?

Claudia Pfister: Wenn die Kunden reinkommen, frage ich erst mal, was sie gemacht haben wollen. Nach der Haarwäsche sitzt der Kunde vor mir. Ich suche Blickkontakt über den Spiegel und sage, dass ich so und so viel schneide und fange ein Gespräch an. Dann merke ich schnell, ob der Kunde gesprächig ist und darauf eingeht oder nicht.

Wer ist gesprächiger – Frauen oder Männer?

Die Männer nehmen sich meistens gleich eine Illus­trierte und fangen an zu lesen. Da weiß ich genau, dass ich ruhig sein muss.

Was ist angenehmer?

Wenn die Kunden mit mir sprechen. Dann gucken sie nämlich auch in den Spiegel und sehen, was ich mache. Wenn jemand Zeitung liest, ist er abgelenkt und kriegt nichts mit.

Was sind unschlagbare Smalltalk-Themen?

Das Wetter. Übers Kochen wird auch viel gesprochen, über Sport, Familie, über Klatsch und Tratsch aus den Illustrierten.

Über was reden Sie lieber nicht?

Politik! Das kann ein Streitthema geben und böse werden. Klar, Bürgermeister- oder Bundestagswahlen spreche ich mal an, aber dann immer sehr knapp.

Lenken die Gespräche sehr von der Arbeit ab?

Nein, nein. Erzählt jemand von einem Todesfall oder einer Krankheit, werde ich leiser, damit es nicht jeder mitkriegt. Es geht ja nur uns zwei etwas an. Und meine Stimme wird ruhiger, damit derjenige das Gefühl bekommt, ich bin jetzt wirklich nur für ihn da. Da bin ich schon langsamer beim Arbeiten, halte manchmal inne, weil ich Blickkontakt zum Kunden habe.

Trauen sich die Kunden nach einem Gespräch weniger, die Frisur zu kritisieren?

Das kann sein. Wenn aber jemand „Ja, ja, gefällt mir“ sagt, merke ich am Blick oder an der Reaktion, dass es anders sein könnte. Ich frage dann, ob es noch kürzer oder dunkler sein sollte und bessere es aus. Wenn es sich jemand länger vorgestellt hat, kann ich natürlich nichts machen. Abgeschnitten ist abgeschnitten.

Haben Sie manchmal keine Lust zu reden?

Ja. Das ist echt schwer. Ich spreche dann nichts Persönliches an und suche mir Gesprächsstoff raus, bei dem der Kunde nicht so viele Fragen stellt. Übers Wetter zum Beispiel. Wenn ich selbst Probleme habe, darf ich das eigentlich nicht im Geschäft zeigen. Ich muss immer lachen, auch wenn ich heulen müsste. Aber Kunden, die mich gut kennen, die merken das.

Interview: Stella Schalamon