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Krankenschein krank

Niedersächsisches Projekt zur Versorgung von Papierlosen endet

Der Gesundheitsversorgung von Menschen ohne Papiere in Niedersachsen droht das Aus: Das Modellprojekt des Landes für ano­nyme Krankenscheine laufe Ende November nach drei Jahren aus, sagte Rainer Neef vom Verein „Gesundheitsversorgung für Papierlose“ am Dienstag. Am 1. Dezember werde die Vergabestelle Göttingen geschlossen. „Ein Ersatz ist nicht in Sicht.“ Über eine etwaige Verlängerung oder Neuauflage entscheidet der Landtag in Hannover.

Das aus Landesmitteln finanzierte Projekt mit Standorten in Göttingen und Hannover vermittelte Menschen ohne Aufenthaltstitel Zugang zum Gesundheitssystem. Neef zufolge erhielten 2017 allein über die Göttinger Vergabestelle 50 Betroffene anonymisierte Krankenscheine. Diese Menschen hätten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz grundsätzlich ein Anrecht auf Gesundheitsversorgung gehabt – aber auch eine Abschiebung befürchten müssen.

Viele „Papierlose“ gehen laut Neef gar nicht oder nur im äußersten Notfall und oft viel zu spät zu einem Arzt. Das Projekt ermögliche ihnen, sich in Hannover und Göttingen ohne Furcht vor einer existenzbedrohenden Meldung mit einem Krankenschein in Behandlung zu begeben. Ihre Personen­daten blieben geschützt im Raum der ärztlichen Behandlung und der Abrechnungsstellen, also der Kassenärztlichen Vereinigungen und Apotheken-Abrechnungszentralen. Für jeden Behandlungsanlass und für jedes Quartal gibt es einen neuen Schein.

Parallel zum Projekt „Anonymisierter Krankenschein“ vermittelt in Göttingen auch die Initiative „Medinetz“ Migrant*innen in ärztliche Behandlung, die anderenfalls nicht ausreichend medizinisch versorgt würden. Unter Hinweis auf das offizielle Krankenschein-Projekt hatten die Stadt und der Landkreis Göttingen „Medinetz“ die Förderung gestrichen. Neef sagte, nun müsse die Ini wohl die Versorgung von jährlich etwa 50 bis 60 weiteren Patient*innen organisieren. (epd)

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