„Es ist notwendig, sichtbar zu sein“

Katja Kajikhina vom Netzwerk We’ll Come United über die heutige Info-Veranstaltung zur Hamburger Parade „United Against Racism“

Foto: privat

KatjaKajikhina kam im Alter von 16 Jahren nach Deutschland, lebt seit 17 Jahren in Berlin, engagiert sich beim antirassistischen Netzwerk We‘ll Come United, arbeitet als Übersetzerin und Naturwissenschaftlerin.

Von Andreas Hartmann

taz: Frau Kajikhina, Sie wollen heute bei einer Info-Veranstaltung bei Kotti & Co in Kreuzberg zur Parade „United Against Racism“ mobilisieren, die am 29. September in Hamburg stattfindet. Was genau soll in Hamburg passieren?

Katja Kajikhina: Wir planen eine bundesweite Parade gegen Rassismus und für eine solidarische Gesellschaft der vielen. Es wird 35 Trucks geben, die ein breites Panorama der antirassistischen Praxis zeigen wollen. Dabei geht es um Themen wie Seenotrettung, Familiennachzug, Recht auf Gesundheit, Kampf gegen Abschiebungen. In unserem Netzwerk sind Gruppen wie kein mensch ist illegal, das Tribunal „NSU-Komplex auflösen“, SeaWatch, Women in Exile, Laut gegen Nazis und Queer Refugees und andere.

Mit wie vielen Teilnehmern bei der Parade wird gerechnet?

40 Busse aus 33 Städten in Deutschland werden anreisen. Aber es kommen auch Leute aus der Schweiz, Italien, Frankreich und weiteren Ländern. Insgesamt sind über 400 Initiativen beteiligt. Wir rechnen mit mindestens 20.000 Teilnehmern.

Der Aufruf zur Parade wurde aus Sicht von MigrantInnen und Geflüchteten formuliert. Diese wollen selbst für ihre Belange auf die Straße gehen.

Ja, wir setzen auf die Sichtbarkeit von migrantischen und antirassistischen Kämpfen und sprechen dabei aus unseren eigenen Erfahrungen und von unseren eigenen Praxen.

Der antirassistische Umzug in Hamburg kommt genau zur richtigen Zeit!?

Angesichts der Ereignisse in den letzten Wochen in Chemnitz wurde nochmals überdeutlich, dass es notwendig ist, sichtbar zu sein. Das, was da passiert ist, ist zwar schockierend, aber für uns auch keine große Überraschung. Denn der strukturelle und alltägliche Rassismus in diesem Land begleitet viele von uns schon lange. Die vielen Menschen, die sich täglich dagegen einsetzen – sie müssen jetzt ernst genommen und gehört werden.

Freut man sich in Hamburg nach den Ausschreitungen beim G20-Gipfel schon auf eine weitere große Demo von links?

Ich denke, bei einer Demo, die Rechte von MigrantInnen und Geflüchteten stärken soll und ein solidarisches Zusammenleben einfordert, muss niemand etwas befürchten. Wir rechnen damit, dass es friedlich bleiben wird.

Was erwartet einen heute Abend bei der Mobilisierungsveranstaltung?

Wir haben gemeinsam mit Seebrücke, einer Bewegung gegen das Sterben im Mittelmeer und gegen die Kriminalisierung der Seenotrettung, zu diesem Abend eingeladen. Dort werden verschiedene antirassistische Initiativen sprechen. Wir wollen uns bei Snacks und Getränken wiedersehen, kennenlernen, für Hamburg verabreden. Wir werden Filme zeigen, etwa über die Situation auf dem Mittelmeer und über unsere Arbeit. Es wird Bustickets geben, auch kostenlose, damit wirklich alle mitkommen können, denen Solidarität am Herzen liegt.

Ab 19 Uhr bei Kotti und Co.