Vertane Chance zum Frieden

Israelis und Palästinenser sind heute von einem Frieden weit entfernt. Warum die Abkommenvon Oslo am Verhalten beider Seiten scheiterten

Es war im April 1992, da nahm der norwegische Diplomat Terje Rod-Larsen Kontakt zu dem israelischen Sozialdemokraten Jossi Beilin auf. Das Angebot: Das norwegische FAFO-Forschungsinstitut könne geheime Verhandlungen zwischen Israel und der PLO ermöglichen. Beilin, der bald darauf zum stellvertretender Außenminister Israels avancierte, griff das Angebot auf. Heraus kamen nach zähen Verhandlungen die Abkommen von Oslo, genannt Oslo I und Oslo II.

Die Oslo-Verträge sahen vor, dass bis zum 4. Mai 1999 der israelische Rückzug aus dem Westjordanland komplett erfolgt sein sollte und der Staat Palästina gegründet wird. Beide Seiten erkannten einander erstmals offiziell an. Die Israelis akzeptierten die PLO als Vertreter der Palästinenser, die PLO verpflichtete sich, aus ihrer Charta Passagen, welche die Vernichtung Israels als Ziel enthielten, zu streichen. Am 13. September 1993 unterzeichneten in Washington die Außenminister Mahmud Abbas, Schimon Peres, Warren Christopher und Andrei Kosyrew die „Oslo-Prinzipienerklärung“. Zwei Jahre später unterzeichneten Jitzchak Rabin und Jassir Arafat das „Interimsabkommen über das Westjor­danland und den Gazastreifen“, Oslo II genannt.

Arafat, Israels Regierungschef Rabin und Peres wurden 1994 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Ein Jahr später starb Rabin durch die Hand eines jüdischen Extremisten.

Peres scheiterte bei den folgenden Wahlen. Neuer Regierungschef wurde der Konservative Benjamin Netanjahu, der den Friedensprozess unter der Schirmherrschaft des damaligen US-Präsidenten Bill Clinton zwar fortsetzte und sogar weite Teil des besetzten Landes einer palästinensischen Teilautonomie überließ, insgesamt aber eine kompromisslosere Linie als seine Vorgänger verfolgte. Erst nach einer erneuten politischen Wende 1999 unternahm der Sozialdemokrat Ehud Barak einen weiteren ernsthaften Versuch, mit der PLO zu einer Lösung zu geraten.

Barak machte Arafat gegenüber weite Zugeständnisse, er wollte sogar auf Teile Jerusalems verzichten, allerdings lehnte er weitere Verhandlungen ab. Auf dieses Angebot ließ sich Arafat nicht ein. Die Enttäuschung der Palästinenser entlud sich ab dem September 2000 in der zweiten Intifada, die Hunderte Terroropfer auf israelischer Seite und Tausende unter den Palästinensern forderte.

Als Folge auf diese Gewaltwelle wählten die Israelis bald darauf Ariel Scharon zum neuen Regierungschef. Er entschied überraschend, dass sich Israel aus dem Gazastreifen zurückzog. Doch dies war keine Initialzündung zum Frieden, sondern eher das Gegenteil: Gaza wurde zur Raketenabschussbasis unter Kontrolle der islamistischen Hamas. Vielen Israelis schien das der Beweis dafür, dass sich territoriale Zugeständnisse gegenüber den Palästinensern nicht lohnen. Der israelische Siedlungsbau im Westjordanland wurde derweil vorangetrieben – gegen den Protest der palästinensischen Autonomiebehörde, die vor weiteren Verhandlungen einen Baustopp verlangt.

Seit Jahren sind alle Friedensgespräche zwischen beiden Seiten auf Eis gelegt. Geblieben von Oslo sind die A-, B- und C-Zonen im Westjordanland.

Susanne Knaul