Muskelspiele gegen UN-Institution in Guatemala

Die internationale Juristenkommission Cicig ermittelt gegen Guatemalas Präsident Jimmy Morales. Der lässt das Militär auffahren

Morales will die Cicig so schnell wie möglich loswerden

Von Knut Henkel

Schwere Militärjeeps cruisen in der Zona 14 von Guatemala-Stadt rund um die alte, von einem hohen Zaun umgebene Villa der Cicig. Die fünf Buchstaben stehen für „UN-Kommission gegen Straflosigkeit in Guatemala“, und die arbeitet seit 2006 auf Bitten der Regierung in dem mittelamerikanischen Land, um die organisierte Kriminalität einzudämmen. Mit beachtlichem Erfolg, denn die Kommission unter dem kolumbianischen Ex-Richter Iván Velásquez Gómez ist den Wurzeln des Korruptionsgeflechts, das die guatemaltekische Politik durchzieht, sehr nah gekommen.

Zu nah anscheinend, denn seit die Kommission mehrfach versucht hat, die Immunität des Präsidenten Jimmy Morales aufheben zu lassen, ist aus dem einstigen Fürsprecher des aus rund 170 Ermittlungs- und Justizexperten bestehenden Teams der Cicig ein erbitterter Gegner geworden.

Zum Amtsantritt im Januar 2016 hatte Jimmy Morales, der die Wahlen im Oktober 2015 mit dem Slogan „Weder ­korrupt noch ein Dieb“ ­gewonnen hatte, noch angekündigt, das Mandat der Cicig auch für sechs Jahre im Voraus zu verlängern, heute will er die Cicig so schnell wie möglich loswerden. Der Grund dafür liegt auf der Hand, denn die UN-Ermittler sind dem Präsidenten auf die Pelle gerückt, haben Beweise, dass auch Gelder der Drogenmafia in den Wahlkampffonds seiner Partei, der rechtskonservativen FCN, geflossen sind, hinter der einflussreiche Militärs stehen.

Dass die Cicig ihren Job überaus gut macht, wird ihr nun zum Verhängnis, denn nicht zum ersten Mal ermittelt sie im Umfeld des populistischen Präsidenten. Sein Bruder und ein Sohn mussten sich bereits wegen Steuerbetrug verantworten, und das widerspricht der weit verbreiteten Praxis in Lateinamerika, dass die da oben unantastbar sind. Damit hat sich Ivan Velásquez, der schon den Vorgänger von Morales, Ex-Präsident Otto Pérez Molina, wegen Korruption zum Rücktritt zwang, viele Freunde in Guatemala gemacht – aber auch viele Feinde.

Die schlagen nun zurück. Claudia Samayoa, Leiterin der Menschenrechts­organisation Udefegua, hat schon vor Monaten prognostiziert, dass das erzkonservative Lager um den Präsidenten aktiv werden würde. Erst gab es Kampagnen gegen Velásquez, dann wollte die Regierung sein Visum nicht verlängern, erklärte ihn zur unerwünschten Person, und nun kontrolliert das ­Militär die Umgebung des Cicig-Sitzes. Ein Akt der Einschüchterung und konkreter Bedrohung, der Folgen haben sollte.

Denn die Cicig arbeitet mit offiziellem Mandat in Guatemala. Sie ist eine UN-Einrichtung, die von den USA und der EU maßgeblich unterstützt wird. Das wiegt deutlich schwerer als die Vorwürfe des guatemaltekischen Präsidenten, der ihr vorwirft, selektiv zu ermitteln und gegen die Unabhängigkeit der Justiz zu verstoßen.

Für die Stärkung der Justiz ist die Cicig jedoch im Lande, und gerade das verstößt allem Anschein nach gegen die Interessen des Präsidenten. Der riskiert mit dem militärischen Muskelspiel gegen die Cicig auch finanzielle Hilfen aus den USA, sodass der Aufmarsch des Militärs das Land teuer zu stehen kommen könnte – aus mehrfacher Perspektive.