Zögernd in die Zukunft

Die bevorstehende MinisterpräsidentInnenkonferenz kann über Erneuerungen des öffentlich-rechtlichen Systems entscheiden – doch entsprechende Vorschläge fehlen bislang

Auch der Umgang mit digitalen Playern ist noch ungewiss Foto: Donald Iain Smith/plainpicture

Von Steffen Grimberg

Wo simmer denn dran? Aha, heute krieje mer de Medienpolitik. Also, wat is en Medienpolitik? Da stelle mehr uns janz dumm. Und da sage mer so: Medienpolitik, dat is ene jroße schwarze Raum, der hat hinten un vorn e Versammlung. Die eine Versammlung, dat is de Rundsfunkkommission der Länder. Und die anere Truppe, die krieje mer später.

Und zwar ab dem 24. Oktober. Denn dann tagt die MinisterpräsidentInnenkonferenz, zu deren vornehmsten Aufgabe es gehört, all das zu regeln, was in Deutschland Ländersache ist. Medienpolitik zum Beispiel. Und hier ist einiges zu beschließen: Die Reform des öffentlich-rechtlichen Systems zum Beispiel und die Frage, wie es künftig finanziert werden soll. Oder wie man nach mittlerweile einem Jahrzehnt des Gegreines über Facebook & Co. diese längst nicht mehr neuen „Player“ auf dem deutschen Markt vernünftig willkommen heißt. Und das bedeutet: sie einbeziehen in die deutsche Konzeption, nach der Medien und die Vermittler medialer Inhalte nicht komplett dem Spiel von Märkten und Kommerz überlassen werden.

Womit wieder die Rundfunkkommission der Länder ins Spiel kommt, die entsprechende Vorschläge ausarbeiten darf. Doch hier scheint das Ganze aktuell zu stocken – ihre in der vergangenen Woche am 12. September angesetzte Sitzung jedenfalls wurde ersatzlos gestrichen. „Grund hierfür sind terminliche Schwierigkeiten mehrerer Teilnehmer. Die nächste Sitzung der Rundfunkkommission der Länder ist für den Oktober vorgesehen“, teilt die rheinland-pfälzische Staatskanzlei – das Land hat traditionell den Kommissionsvorsitz, Stellvertretung sind die Sachsen – mit.

Doch die Zeit drängt: „Wir haben so maximal noch ein Zeitfenster von zwei Monaten, wenn bis Anfang 2019 hier etwas Grundsätzliches auf den Weg gebracht werden soll“, sagt ein mit den internen Vorgängen Vertrauter. „Viele in der Politik kneifen vor einer Entscheidung. Dabei haben die Ministerpräsidenten vor einem Jahr klar gesagt: ‚Legt uns bis Oktober 2018 konkrete Vorschläge für Auftrag- und Strukturoptimierung bei den Öffentlich-Rechtlichen vor.‘ “ Weil aber am 14. Ok­tober in Bayern und am 28. Ok­tober in Hessen Landtagswahlen sind, haben sich die beiden Länder fürs Erste aus dem politischen Tagesgeschäft ausgeklinkt.

Auch die traditionell nach SPD-geführten A-Ländern und Union-geführten B-Ländern sortierte Kommission ist in kreative Unordnung geraten

Außerdem ist die traditionell nach SPD-geführten A-Ländern und Union-geführten B-Ländern sortierte Rundfunkkommission in kreative Unordnung geraten. Die Grünen stellen in Baden-Württemberg zwar den Ministerpräsidenten, haben sich um des lieben Koalitionsfriedens willen aber bei den B-Ländern einsortiert. Und weil es einigen nicht schnell genug geht, hat sich in der Rundfunkkommission vor einiger Zeit eine Art Koalition der Willigen gebildet, die die übliche politische Farbenlehre vollends über den Haufen wirft: Bayern, Baden-Württemberg, Sachsen, Schleswig-Holstein, Thüringen, Brandenburg, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern machen ihr eigenes Ding – und Rheinland-Pfalz als Vorsitzland steht ein bisschen in den Erbsen. „Es sind keine klaren A- und B-Länder-Positionen mehr erkennbar“, heißt es in der Kommission. Und es macht sich der Eindruck breit, dass trotz ermutigender Ansätze wie dem geplanten Medienstaatsvertrag, der auch Regelungen zu Plattformen und Intermediären wie Google vorsieht, so mancher das Ganze noch mal verschieben möchte.

Gerade mit Blick auf ARD und ZDF (Disclaimer: Ich war 2016/17 Sprecher des damaligen ARD-Vorsitzes beim MDR) wäre das kontraproduktiv. Zum einen würde die ohnehin nicht sehr engagiert geführte gesellschaftliche Diskussion über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk wieder erlahmen. Zum anderen steht 2019 die Anmeldung der Sender zum Rundfunkbeitrag ab 2020 an. Wenn die aber noch mal nach den bisher gültigen Spielregeln verläuft, weil sich die Reform verspätet, steht eine 19 vor dem Komma – und das nützt nur der AfD.