Vergewaltigungsvorwurf gegen US-Jurist: Stopp bei Kavanaugh-Ernennung

Die Abstimmung über den Supreme-Court-Kandidaten Brett Kavanaugh im Justizausschuss des US-Senats ist verschoben. Es ist ein Erfolg für #metoo.

Brett Kavanaugh

Im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit: Brett Kavanaugh Foto: ap

NEW YORK taz | Plötzlich steht Brett Kavanaugh unter Rechtfertigungsdruck. Nachdem sein Weg in das Oberste Gericht bereits geebnet schien, muss er am nächsten Montag erneut zu einem Senatshearing erscheinen. Dort muss er sich unter Eid und vor den Fernsehkameras des Landes zu den Vorwürfen einer Psychologie-Professorin aus Kalifornien äußern, er habe als junger Mann versucht, sie zu vergewaltigen. Als Kavanaugh seine Hand auf ihren Mund hielt, habe sie befürchtet, er könne sie versehentlich töten.

Der Vorwurf von Christine Blasey Ford, die ihre Identität nach jahrzehntelangem Schweigen erst an diesem Sonntag preisgegeben hat, schlug wie eine MeToo-Bombe in das kurz vor dem Abschluss stehende ­Bestätigungsverfahren ein. Eigentlich war geplant, dass der Justizausschuss an diesem Donnerstag über Kavanaugh abstimmt. Angesichts der republikanischen Mehrheit im Ausschuss schien der Ausgang sonnenklar.

Unter dem Licht der neuen Informationen muss der Ausschuss erneut über den Richter befinden, den Präsident Donald Trump für „herausragend“ hält. Die elf weißen Männer, die für die Republikanische Partei in dem Ausschuss sitzen und bislang sicher waren, dass ihr Kandidat bald im Obersten Gericht sitzen würde, müssen plötzlich aufpassen, dass sie sich mit ihren Fragen und Bemerkungen nicht selber schaden und dass sie auch ihrer Partei keine Steine in den Weg legen.

Denn am Montag werden sie einer Frau gegenübersitzen, um sie über den vermutlich härtesten Moment ihres Lebens zu befragen. Bei der Konfrontation, die zwei Monate vor den Halbzeitwahlen im Fernsehen übertragen wird, wird jede Nuance zählen. Jeder Zungenschlag, jede Augenbrauenbewegung kann wertvolle Stimmen der heiß umkämpften Wählerinnen in den US-amerikanischen Vorstädten kosten.

„Ehrenwerter Kavanaugh“

Das Bild der demokratischen SenatorInnen im Ausschuss ist anders. Denn unter ihnen sind sowohl Frauen als auch VertreterInnen der afroamerikanischen und asiatischen Minderheit. Doch auch für sie wird das Hearing am Montag schwierig. Denn auf ihnen lastet der doppelte Verdacht, sie würden Blasey Ford politisch benutzen und sie hätten den Vorwurf der sexuellen Gewalt monatelang unter Verschluss gehalten, um das Votum über Kavanaugh im letzten Moment zu verzögern.

Der Richter, der in den zurückliegenden Wochen hinter dem Namensschild „ehrenwerter Kavanaugh“ vor dem Ausschuss saß und der mit seiner Frau, seinen beiden Töchtern und seiner Mutter (ebenfalls einer Richterin) gekommen war, hat die Vorwürfe heftig und unmissverständlich dementiert. Er habe „diese Dinge“ nie getan, erklärte er, weder Anfang der 80er Jahre noch zu einem anderen Zeitpunkt. Passenderweise konnten seine UnterstützerInnen am Montag auch gleich eine Liste von 65 Frauen veröffentlichen, die ihn zu seiner High-School-Zeit gekannt haben und ihn für moralisch unantastbar halten.

Die Kraft von #MeToo: Auch für die SenatorInnen beider Parteien steht viel auf dem Spiel

Doch Kandidat Kavanaugh und Präsident Trump sind spürbar nervös. Am Montag verbrachte Kavanaugh beinahe den kompletten Tag im Weißen Haus. Ob er dabei auch mit dem Präsidenten persönlich sprach, sickerte nicht durch. Aber auffallend war, wie versöhnlich Trump auf die Vorwürfe reagierte. Anstatt wie bei ihm üblich gleich loszutweeten und zu hetzen, äußerte er sich zunächst gar nicht und signalisierte dann die Bereitschaft, die Professorin zu hören. Für alles Weitere ließ der Präsident eine Frau für sich sprechen. Seine Beraterin Kellyanne Conway wiederholte auf allen Sendern, Blasey Ford „sollte nicht ignoriert werden. Sie sollte gehört werden.“

In Zeiten, wo der Präsident der USA von mehr als einem Dutzend Frauen der sexuellen Belästigung beschuldigt wird und wo die #MeToo-Bewegung selbst in republikanischen Kreisen Sympathien genießt, scheinen solche Zwischentöne aus dem Weißen Haus angemessen. Unterdessen übernehmen andere Rechte in den sozialen Medien die Kampagne gegen Blasey Ford. Sie versuchen, ihre Glaubwürdigkeit zu untergraben. Nennen Sie eine „radikale Linke“ und eine „demokratische Aktivistin“, finden StudentInnen, die sie für eine „schlechte Professorin“ und „verrückt“ halten, und unterstellen ihr politische Motive.

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