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: Rücktritt eines sächsischen Erzkonservativen

Landtagsfraktionschef Kupfer gibt wegen krankhafter persönlicher Depressionen sein Amt ab. Das könnte sich auch auf eine mögliche Zusammenarbeit mit der AfD ab 2019 auswirken

Das Neue

Der Vorsitzende der CDU-Fraktion im Sächsischen Landtag, Frank Kupfer, ist am Donnerstag zurückgetreten. Der 56-Jährige gab diese Entscheidung zunächst in einer geschlossenen Fraktionssitzung bekannt. Sein Mandat im Wahlkreis Torgau, das er fünfmal in Folge als Direktkandidat gewann, will er noch ein Jahr lang wahrnehmen. Zur Landtagswahl im September 2019 wird er jedoch nicht mehr antreten. Kupfer führte ausschließlich private Gründe für seinen Schritt an. Seit etwa drei Jahren leide er unter Depressionen. Die Bemühungen, sich möglichst wenig anmerken zu lassen, hätten ihn viel Kraft gekostet. Jetzt fühle er sich erschöpft und werde sich einer Therapie unterziehen. Für die Neuwahl des Fraktionsvorsitzenden am 25. 9. favorisiert Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) den früheren Justizminister und derzeitigen Ausländerbeauftragten, Geert Mackenroth.

Der Kontext

Frank Kupfer trat schon 1982 der Ost-CDU bei und war nach der Wende in mehreren Spitzenämtern tätig. So als CDU-Generalsekretär, stellvertretender Fraktionschef im Landtag und seit 2014 Vorsitzender. Er galt gemeinsam mit der sogenannten Erzgebirgsconnection in der Landtagsfraktion als ausgesprochen konservativ. In der Asylpolitik forderte er einen restriktiveren Kurs und avancierte damit zeitweise sogar zum Gegenspieler des ehemaligen Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich.

Kupfer wurde nachgesagt, mit einer CDU-AfD-Koalition nach der Landtagswahl 2019 zumindest zu liebäugeln. Zuletzt schlug er sich im Zusammenhang mit Pegida-Attacken auf ZDF-Journalisten mit der Bemerkung „Und für so etwas zahlen wir Gebühren“ auf die AfD-Seite. Apathie und fehlender Biss waren in den vergangenen Monaten zwar schon bemerkt worden, wurden auf Nachfrage aber stets heruntergespielt.

Die Reaktionen

Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sprach von einem „besonders traurigen und tragischen Moment“ und nannte Kupfer einen „Wegbegleiter und menschlichen Freund“. Fraktionschef Rico Gebhardt von der Linken als größter Oppositionspartei wünschte Kupfer gute Besserung und erwartet von seinem Nachfolger mehr Gesprächsbereitschaft in Sachfragen. Sein Kollege Wolfram Günther von den Grünen erwartet sogar eine 180-Grad-Wende hinsichtlich der CDU-Anfälligkeit gegenüber Angstdebatten und AfD-Positionen. Koalitionspartner SPD zollte Kupfer Respekt.

Die Konsequenz

Ministerpräsident Michael Kretschmer hat sich bislang zumindest verbal klar von der AfD abgegrenzt. Nun könnte er mit Blick auf den Wahlkampf 2019 freiere Hand haben. Kupfer war nachgesagt worden, er würde bei einem drohenden Verlust der bisherigen CDU-SPD-Mehrheit auf eigene Faust bei der AfD sondieren. Solch eine heimliche AfD-Nähe traut dem designierten Nachfolger Mackenroth in der Landtagsfraktion niemand zu.

Michael Bartsch