der homosexuelle mann … von ELMAR KRAUSHAAR
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… ist immer noch ein fernes Wesen, auch für unseren Bundeskanzler. Gerhard Schröder bewies in der vergangenen Woche in der WDR-„Wahlarena“, dass er rein gar nichts von den Homodingen versteht. Auf die Zuschauer-Frage „Wie wollen Sie die Gleichstellung von homosexuellen Lebensgemeinschaften vorantreiben, auch im Bereich des Adoptionsrechts?“ blieb dem Kanzler zunächst die Spucke weg, und dann hob er den Zeigefinger: „Es geht nicht nur um Homosexuelle, es gibt ja auch gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften unter Frauen!“ Homosexuelle, Herr Bundeskanzler, gehören dem einen Geschlecht an wie dem anderen, so will es die deutsche Sprache.

So holprig ging es weiter: „Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie die konkrete Rechtslage ist. Aber gegenwärtig ist die Rechtslage wohl so, dass die Diskriminierung aufgehoben worden ist.“ Schröder blieb unbeirrt in seiner vollmundigen Unwissenheit: „Ich denke, wir haben eine Menge gemacht in dem Bereich.“ Wenn der Koalitionspartner nicht so gequengelt hätte in Sachen Homo-Ehe und Sie nicht ausgetüftelt hätten, dass Sie für diese Nullnummer auf einen Schlag fast kostenfrei so viele Wählerstimmen einfahren, hätten Sie sicher nie dieser Regelung zugestimmt. Denn eines gaben Sie, Herr Bundeskanzler, in der „Arena“ zu: „Ich will Ihnen meine Zurückhaltung nicht verschweigen – Sie haben es ja ohnehin gemerkt!“

Und die Sache mit der Adoption? „Ich will Ihnen ehrlich sagen, ich hab so persönliche Schwierigkeiten weiter zu gehen, ich will die Diskussion aber nicht aufhalten.“ Außerdem – schließlich haben Sie schon mal in der Bunten geblättert – „gibt es ja Fälle, die bundesweit bekannt geworden sind, in denen Adoption möglich ist“. Ein Fall, Herr Bundeskanzler, ein Fall ist bundesweit bekannt geworden, der eines – für die Behörden alleinstehenden – Prominenten. Und dass Patrick Lindner nun ein Kind aus einem russischen Waisenhaus großziehen darf, das sonst wirklich keiner haben wollte, dafür, Herr Bundeskanzler, können Sie und Ihre Politik nun wirklich nichts. Denn, da waren Sie noch einmal ehrlich: „Wir müssen immer darauf achten, dass das in unserer Gesellschaft auch von anderen akzeptiert wird.“ Da war sie wieder, die alte Volkspartei-Parole: Nur nicht die Wähler verschrecken, sich ja nicht vorwagen und eins auf die Nase kriegen. Deshalb hat Ihre Partei in den letzten fünfzig Jahren homopolitisch gar nichts angepackt und sich erst dann bewegt, wenn der eine oder andere Koalitionspartner keine Ruhe ließ.

Nicht dass die Schwarzen auch nur einen Deut besser wären, aber im Szene-Auftritt ist die CDU im laufenden Wahlkampf allen anderen voraus. Bei einer Veranstaltung in Berlin – Schwule befragen Politiker – setzten die Konservativen ein paar Claqueure ins Publikum, die noch jede Schwulenfantasie zum Kochen brachten. Knackige Jungs der JU Wuhletal zeigten nicht nur ihre perfekten Mucki-Körper in hautengen T-Shirts, sondern versuchten mit ihrem Wahlspruch „Homos und Heteros = gemeinsam“ auf gestählter Brust zu überzeugen. Außerdem, prahlte der Beau unter den JU-Beaus, „ist in der Berliner CDU mindestens jeder Zehnte schwul“. Das, Herr Bundeskanzler, sind Argumente!