Der Staat wärmt am besten

Umfrage ergibt klare Mehrheit für Rückkauf des Fernwärmenetzes, sogar zu höherem Preis

„Die Nichtumsetzung des Volksentscheides würde die BürgerInnen vor den Kopf stoßen“

Matthias Ederhoff, Energienetz Hamburg und SPD-Schnelsen

Von Sven-Michael Veit

Etwa drei Viertel aller HamburgerInnen befürworten den Rückkauf des Fernwärmenetzes vom Energiekonzern Vattenfall. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage der Gess Marktforschung Hamburg im Auftrag von Energienetz Hamburg. Demnach wollen 73 Prozent, dass das Fernwärmenetz wieder in öffentliche Hand kommt. Von den Wähler­Innen der Regierungsparteien SPD und Grüne wollen dies sogar 78 beziehungsweise 80 Prozent. Damit spricht sich eine große Mehrheit dafür aus, den Volksentscheid von vor fünf Jahren vollständig umzusetzen.

Am 22. September 2013 hatten die HamburgerInnen mit der knappen Mehrheit von 50,6 Prozent beschlossen, dass die Stadt die drei Versorgungsnetze für Strom, Gas und Fernwärme zurückkaufen soll. Bei Strom und Gas wurde dies bereits umgesetzt, beim Fernwärmenetz hat die Stadt noch bis zum 30. November Zeit für den Rückkauf. Bislang ist Hamburg mit 25,1 Prozent an der Fernwärmegesellschaft beteiligt, die restlichen 74,9 Prozent hält weiterhin Vattenfall.

„Der Erste Bürgermeister Peter Tschentscher und die zuständigen Senatoren müssen jetzt handeln“, sagt Matthias Ederhoff, Geschäftsführer von Energienetz Hamburg. Diese Genossenschaft setzt sich für die Energiewende in Hamburg mit Bürgerprojekten ein. „Die Nichtumsetzung des Volksentscheids würde die BürgerInnen vor den Kopf stoßen“, sagt Ederhoff, der selbst Vorsitzender des SPD-Distrikts Schnelsen ist.

So sieht das auch Manfred Braasch, Hamburg-Chef des Umweltverbandes BUND und Vertrauensmann der Initiative „Unser Hamburg – Unser Netz“, die den Volksentscheid durchgesetzt hatte. „Die deutliche Mehrheit der BürgerInnen quer durch alle Parteien will, dass bindende Volksentscheide konsequent umgesetzt werden und die Hamburger Fernwärme von der öffentlichen Hand betrieben wird.“

Dass die Zustimmung seit dem Referendum offenbar noch deutlich angestiegen ist, erklärt Braasch mit den guten Erfahrungen mit der bereits abgeschlossenen Rekommunalisierung des Strom- und des Gasnetzes in den Jahren 2015 und 2017 für zusammen 861 Millionen Euro. „Es hat sich gezeigt, dass der Kauf finanzierbar war und durch die Einnahmen für die Stadt lukrativ ist“, so Braasch.

Strittig zwischen Stadt und Vattenfall ist der Kaufpreis: Die Spanne reicht von 645 bis 950 Millionen Euro. Aber 56 Prozent der HamburgerInnen würden einen Rückkauf sogar zum höheren Preis befürworten.