Schulterschluss gegen Trump

Mit einem Trick will die EU die Iran-Sanktionen der USA umgehen und das Atomabkommen erhalten

Aus Brüssel Eric Bonse

Im Streit über neue Sanktionen gegen Iran sind die EU, Russland und China auf Konfrontationskurs mit den USA gegangen. Um das Atomabkommen mit dem Mullah-Regime in Teheran zu retten und die US-Sanktionen zu umgehen, wollen die Europäer eine so genannte Zweckgesellschaft gründen. Sie soll als Ersatz für kommerzielle Banken dienen und Ölexporte und andere Geschäfte absichern.

„Wir sind uns der Dringlichkeit und der Notwendigkeit von praktischen Lösungen bewusst“, erklärten die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini und der iranische Außenminister Mohammad Javad Zarif auf einer Pressekonferenz in New York. Es gehe darum, jenen Firmen zu helfen, die „legitime Geschäft mit Iran“ betreiben, heißt es in einer Ministererklärung, die auch Deutschland unterzeichnet hat.

Damit fordern die Europäer US-Präsident Donald Trump heraus. Trump wollte am Dienstag bei der Uno-Vollversammlung in New York eine Art Brandrede gegen Iran halten. Die USA machen das islamische Land für Terror und Krieg im Nahen Osten verantwortlich. Am 4. November soll die zweite Welle der US-Sanktionen gegen Iran in Kraft treten, die auch Bankgeschäfte ins Visier nimmt.

Gegen diese zweite, entscheidende Stufe richten sich nun die neuen Pläne der Europäer. Allerdings sind sie noch ziemlich vage, wie ein Sprecher der EU-Kommission in Brüssel am Dienstag einräumte. Die Details der geplanten Zweckgesellschaft müssten noch von Experten ausgearbeitet werden, sagte er. Auch ein Zeitplan liege noch nicht vor.

Nach Angaben aus EU-Diplomatenkreisen geht es darum, eine Art Tauschbörse aufzubauen. Dort könnte iranisches Öl gegen europäische Güter getauscht werden, ohne dass dabei Geld nach Teheran fließen müsste. Ein ähnliches System hatte die Sowjetunion im Kalten Krieg genutzt. Neben dem Handel gehe es darum, das Atomabkommen zu retten.Allerdings ist unklar, ob das neue System funktioniert – und ob es ausreichen wird, um Iran bei der Stange zu halten. Große europäische Konzerne wie Airbus, Deutsche Telekom und Peugeot haben sich aus Angst vor den US-Sanktionen bereits aus dem Iran-Geschäft zurückgezogen. Für sie ist der amerikanische Markt wichtiger.

Die neue Zweckgesellschaft zielt denn auch vor allem auf kleine und mittlere Unternehmen. Doch auch sie dürften weitere Garantien verlangen, um sich auf den geplanten Tauschhandel einzulassen. Sollten nicht genug Firmen mitmachen, könnte Iran doch noch aus dem Atomabkommen aussteigen.

Außenminister Zarif hatte sich zuletzt immer wieder über mangelndes Engagement der Europäer beklagt. Zarif drohte, dass der Iran seine Meinung ändern könnte, wenn die „Balance von Geben und Nehmen“ zerstört würde. Dafür müsse der Iran das Nuklearabkommen nicht unbedingt kündigen. Es sei auch möglich, „dass wir es reduziert anwenden“ – und wieder verstärkt Uran anreichern.

Für die EU wäre dies der „Worst Case“ – denn Mogherini und ihre Außenminister-Kollegen schreiben dem Atomabkommen strategische Bedeutung zu. Das Abkommen war auf europäische Initiative zustande gekommen und sollte den Beweis liefern, dass sich Konflikte auch friedlich beilegen lassen. In dieser Überzeugung lasse man sich auch nicht von Trump beirren, heißt es in Brüssel.

Der US-Präsident könnte die europäische „Unabhängigkeits-Erklärung“ allerdings leicht aushebeln – indem er auch die neue Zweckgesellschaft auf seine Sanktionsliste setzt. Eine weitere EU-Maßnahme läuft schon jetzt ins Leere. Das sogenannte „Blocking statute“, mit dem Brüssel verhindern will, dass sich europäische Unternehmen an US-Sanktionen halten, wird bisher von keinem EU-Land umgesetzt.

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