Die Bagger kommen

Die Elbvertiefung kann beginnen. Umweltverbände wollen zwar klagen, sehen aber keine Chance auf gerichtlichen Baustopp. Damit ist die Ausbaggerung des Flusses endgültig

Haben bald freie Fahrt: Mega-Containerfrachter vor Brunsbüttel auf dem Weg von Hamburg in die weite Welt Foto: Marcus Brandt/dpa

Von Sven-Michael Veit

Das sei „ganz bitter jetzt“, gibt Alexander Porschke, Vorsitzender des Naturschutzbundes (Nabu) in Hamburg unumwunden zu. Und sein Bündnispartner Manfred Braasch, Landesgeschäftsführer des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), spricht von einer „gewissen Frustration“. Darüber, dass die Hamburger Umweltverbände die Elbvertiefung nicht mehr werden verhindern können. Zwar wollen sie noch in dieser Woche mit einer erneuten Klage vor das Bundesverwaltungsgericht ziehen, doch aufschiebende Wirkung habe die nicht. Einen Eilantrag auf einen vorläufigen Baustopp wollen sie nicht stellen – mangels Erfolgsaussichten.

„Damit besteht trotz der Klage die Bauberechtigung fort“, freut sich Hamburgs Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos). „Die begonnenen Arbeiten und die Ausschreibungen werden fortgesetzt. Die Vertiefungs- und Verbreiterungsarbeiten beginnen planmäßig im März“, sagte er am Dienstag. Und Hans-Heinrich Witte, Präsident der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes, stellt klar: „Wir können jetzt bauen“ – und die Erleichterung zwischen den Zeilen ist unübersehbar.

Nach 17 Jahren Planung, zwei wieder zurückgezogenen Planbeschlüssen, drei Planergänzungsverfahren und einem zweijährigen Baustopp können Hamburg und der Bund nun endlich beginnen mit der „Fahrrinnenanpassung“ der Unterelbe, wie das Projekt offiziell heißt (siehe Kasten). Im Februar 2017 hatte das Bundesverwaltungsgericht auf Klage der Umweltverbände die zweite Planergänzung für „rechtswidrig und nicht vollziehbar“ erklärt und nachhaltigen Schutz für den weltweit nur an der Unterelbe lebenden und streng geschützten Schierlings-Wasserfenchel gefordert. Dem will Hamburg nun auf der Billwerder Elbinsel oberhalb der Stadt eine neue Heimat herrichten.

Die Unterelbe soll zwischen Nordsee und Hamburger Hafen über rund 120 Kilometer Länge auf etwa 19 Meter unter Normalnull (NN) vertieft und stellenweise verbreitert werden.

Ziel ist, dass die Riesencontainerfrachter der neuesten Generation – 400 Meter lang, mehr als 60 Meter breit – mit einem Tiefgang von 13,5 Metern den Hafen jederzeit anlaufen können, bei Hochwasser auch mit 14,5 Metern.

Es wäre die neunte Elbvertiefung seit 1818. Die achte auf 16,8 Meter unter NN erfolgte 1999.

Die Baukosten von gut 600 Millionen Euro nach einer Kostenschätzung aus dem Jahr 2014 trägt zu zwei Dritteln der Bund, zu einem Drittel Hamburg. Weitere rund 160 Millionen Euro für zusätzliche Maßnahmen des Naturschutzes und der Deichsicherung muss Hamburg aufbringen:

Macht zusammen mindestens 760 Millionen Euro. Die Umweltverbände vermuten Kosten von 850 Millionen Euro, tatsächlich dürfte die Milliardengrenze erreicht werden.

Zwar haben BUND und Nabu massive Zweifel am Gelingen dieses Vorhabens, auch habe das Bundesverwaltungsgericht, anders als von ihnen beantragt, eine höhere Strömung der Elbe und mehr Schlickablagerungen nicht beanstandet. Rechtlich seien ihre Möglichkeiten demnach aber begrenzt, räumen BUND und Nabu ein. Eine Entscheidung über ihre Klage in der Hauptsache aber wird vermutlich erst nach Beendigung der Elbvertiefung ergehen.

Und für den Fall, dass sie positiv ausfallen sollte, will ihr Anwalt Rüdiger Nebelsieck „juristisches Neuland“ betreten. Mit einer Parallelklage nach dem „sehr komplexen“ Umweltschadensrecht will er zumindest die Möglichkeit eröffnen, ökologische Schäden durch die Elbvertiefung zu beseitigen, zu mildern oder auszugleichen. Keinesfalls aber, das ist auch Kritikern klar, würde die ausgebaggerte Elbe wieder zugeschüttet.