Hier wird nicht gemauert

Das viel diskutierte „DAU“-Kunstprojekt, bei dem ein Areal in Mitte durch eine Mauer abgetrennt werden sollte, fällt aus: Die Behörden verweigern die Genehmigung

Von Claudius Prößer

Wir haben getan, was wir konnten.“ Das war der Tenor von Verkehrssenatorin Regine Günther (parteilos) und Mittes Kultur-und Umweltstadträtin Sabine Weißler (Grüne), als sie am Freitagmorgen vor die Presse traten, um das Aus für das Mauerbau-Kunstprojekt „DAU“ zu verkünden. Trotz intensiver Gespräche hätten die Veranstalter bis zum Schluss keine ausreichenden Unterlagen vorgelegt, die eine Genehmigung möglich gemacht hätten.

„Es geht hier nicht um ein Kleinkunstprojekt, sondern um ein Riesenvorhaben, das in der Liga von Kirchentag, Fanmeile und Marathon spielt“, sagte Günther. Die Anträge für solche Events würden mindestens mit einem Jahr Vorlauf gestellt. Die „DAU“-Macher dagegen hätten die ersten Unterlagen Mitte August abgegeben – zwei Monate vor dem geplanten Start. Die daraufhin geforderte Einreichung der vollständigen Unterlagen bis zum 11. September sei nicht erfolgt. „Wir haben eine Ermöglichungsroutine, mit der stemmen wir auch eine Bundestagswahl plus Marathon“, bekräftigte Weißler, „das braucht aber seine Zeit.“

Auch Polizei und Feuerwehr hatten laut Günther und Weißler ihre Zustimmung verweigert. Es habe unter anderem an einer Planung für Bedarfsampeln und an einem „Entfluchtungskonzept“ gefehlt. Die beiden Politikerinnen ließen offen, ob das Projekt im kommenden Jahr eine Chance hätte. Anlass könnte dann der 30. Jahrestag des Mauerfalls sein. Laut Günther gibt es zumindest „Indizien“, dass das konkrete Areal gar nicht geeignet sein könnte – etwa die Tatsache, dass der Untergrund in diesem Bereich nicht tragfähig genug für einen Groß-Kran sei, der die Betonteile für die 800 Meter lange geplante „Berliner Mauer“ aufstellen würde.

Inhaltlich hatte der Senat das Kunstprojekt durchaus unterstützt. Vor allem der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) und Kultursenator Klaus Lederer (Linkspartei) hatten sich dafür eingesetzt. Die Kritik an „DAU“ hatte zuletzt allerdings deutlich zugenommen. Vor allem DDR-Bürgerrechtler, die betroffene evangelische Kirchengemeinde und viele Kunstschaffende lehnten das Vorhaben ab. Einen von der Publizistin Lea Rosh initiierten Brief unterschrieben mehr als 60 Kulturschaffende und Historiker.

Die DAU-Veranstalter reagierten verwundert auf den Stopp ihrer Pläne. Die Informationen an sie seien „inhaltlich völlig anders begründet“ als das, was die verantwortlichen Politikerinnen bei der Pressekonferenz erklärt hätten, sagte eine Sprecherin. „Die Veranstalter prüfen dies nun und werden sich zeitnah äußern“, kündigte sie an.

Die Diktatur nachspielen

Das „DAU“-Projekt wollte den Freiheitsverlust in totalitären Systemen erfahrbar machen. Dafür sollte vom 12. Oktober an für vier Wochen ein 3,5 Hektar großes Areal zwischen der Straße Unter den Linden und dem Werderschen Markt eingemauert werden. Besucher hätten ein Visum benötigt und ihr Handy abgeben müssen. „DAU“ geht auf ein Film- und Performanceprojekt des Regisseurs Ilya Khrzhanovsky zurück.