ESC 2019 in Tel Aviv: Eine kluge Wahl

Nach Wochen entscheidet sich die European Broadcasting gegen Jerusalem als ESC-Stadt 2019: Tel Aviv, queere Metropole, bekommt den Zuschlag.

Stadtansicht von Tel Aviv

Ein guter Ort für den ESC: Tel Aviv Foto: dpa

Am Ende gaben logistische Gründe den Ausschlag, keine religiösen oder politischen Erwägungen: Tel Aviv wird im kommenden Jahr gastgebende Stadt des 64. Eurovision Song Contest. Das Grand Final ist für den 18. Mai terminiert, die beiden Semifinals finden am 14. und 16. Mai statt. Israel hat das Recht und ist in der Pflicht, den ESC auszurichten, nachdem im Mai Netta Barzilai den ESC in Lissabon gewonnen hatte.

Gegen Eilat, die hedonistisch orientierte Stadt im letzten Zipfel Israels am Roten Meer, sprach, dass es dort zwar einen internationalen Flughafen gibt, aber keine Halle, in die mehr als 1.500 Zuschauer*innen passen. Gegen Jerusalem, bereits 1979 und 1999 Gastgeberin von ESCs und Wunschort der israelischen Regierung, musste eingewandt werden, dass dort von Freitagnachmittag bis Samstagabend der jüdische arbeitsfreie Tag der Woche (Schabbat) strikt eingehalten wird. Der öffentliche Nahverkehr ist in dieser Zeit eingestellt; moralisch legitimiert sind Fahrten von Kranken- und Feuerwehrautos.

Das aber ist mit dem TV-Projekt ESC nicht vereinbar: Jon Ola Sand, Generalsekretär des ESC bei der EBU (der europäischen Rundfunk- und Fernsehunion mit Sitz in Genf), beharrte schon bei der Prüfungstour durch die drei israelischen Kandidatenstädte darauf, dass am traditionell jüdischen freien Tag in der Veranstaltungshalle weiter gearbeitet werden muss – außerdem sei es am Freitag vor dem Finale wichtig, dass die ESC-Generalprobe in der Expo Tel Aviv-Halle vor möglichst zahlreichem Publikum durchgeführt werden kann.

Tel Aviv jedenfalls ist von den religiösen Regeln der jüdischen Wochentagsfolge zwar nicht frei, aber es gibt auch am Freitagabend öffentlichen Nahverkehr, auch sind etliche gastronomische Einrichtungen geöffnet.

Offen ist jetzt nichts mehr

Dem Vernehmen nach hat für die EBU bei der Wahl Tel Avivs keine Rolle gespielt, dass es nach Auffassung von Kulturministerin Miri Regev nahe läge, Jerusalem als israelische Hauptstadt zu nehmen. Aber die EBU hat nie Sinn für politische Fragen, ihr geht es, naheliegender Weise, um einen Ort, an dem eine perfekte TV-Show produziert werden kann.

Das zutreffende Argument von Tel Avivs Ron Huldai, seine Stadt habe einen sehr schönen Strand und sei außerdem eine queere Kapitale, eine Stadt, in der die queerste TV-Famiilenshow prima beheimatet sei, beeindruckte die EBU offiziell auch nicht: Überzeugenderes sprach für Tel Aviv – etwa die finanzielle Zusage, für das Rahmenprogramm der knapp vier Dutzend ESC-Delegationen und die erwarteten 10.000 Fans aufzukommen.

Offen ist jetzt nichts mehr, die Verträge sind unterzeichnet – nur noch im Hinblick auf die visafreien Einreisen der ESC-Delegationen, der Journalisten und Fans gibt es letzte Dinge zu klären: Israel weigert sich, Fans oder Journalisten einreisen zu lassen, die beispielsweise der Boykottbewegung BDS nahestehen. Für die EBU in Genf sind solcherlei Fragen letztlich jedoch nicht von Bedeutung: Nach Lage der Dinge werden alle Länder, die klassisch an einem ESC teilhaben, auch nach Tel Aviv kommen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.