Unerwünschte Gäste

Handelskammer verlegt Stolpersteine für Nazi-Opfer – und lädt die AfD vom Gedenkakt aus

„Wir nehmen unsere geschichtliche Verantwortung an“

Tobias Bergmann, Handelskammer-Präses

Von Sven-Michael Veit

Es geht um 13 Opfer der nationalsozialistischen Diktatur in Hamburg. Und um die Rolle der AfD bei der Bewältigung des NS-Grauens. Wenn es nach Handelskammer-Präses Tobias Bergmann geht, hat diese Partei dabei nichts zu suchen. Und weil es nach ihm geht, hat er die Fraktionsvorsitzenden der AfD in der Bürgerschaft bei der Verlegung von Stolpersteinen vor der Handelskammer am heutigen Montag zu unerwünschten Personen erklärt.

„Sie sind Funktionäre einer Partei, bei der ich nicht erkennen kann, dass diese die Lehren aus diesem dunkelsten Kapitel deutscher Geschichte gezogen hat“, schrieb Bergmann an die Fraktionschefs Jörn Kruse und Alexander Wolf. Diese waren zunächst wie alle Fraktionsvorsitzeden im Landesparlament „protokollarisch korrekt“, wie Bergmann einräumt, zu dem Gedenkakt eingeladen worden. Er sehe sich aber gezwungen, schreibt Bergmann, „in Respekt vor den Verfolgten der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft und ihren Angehörigen, diese Einladung zurückzuziehen“.

Bei dem Festakt am heutigen Montagvormittag um 11 Uhr vor dem Haupteingang zur Handelskammer am Adolphsplatz werden Gedenksteine für 13 Mitarbeiter der Handelskammer verlegt, die Opfer der Nazis geworden waren. Die Kammer hatte sich vor einigen Jahren dazu durchgerungen, ihre Rolle in der NS-Diktatur aufzuarbeiten. „Wir nehmen unsere geschichtliche Verantwortung an“, sagt Bergmann.

Bei dem Gedenkakt wird unter anderen Kinderarzt Matthias Brandis sprechen, Enkel des jüdischen Kaufmanns und Nazi-Opfers Heinrich Wohlwill.

Für eine „Frechheit hält AfD-Fraktionschef Jörn Kruse die Ausladung. „Inhalte und Diktion“ seien „eine Anmaßung“, schreibt er in seiner Antwort an Bergmann. Der Handelskammerpräses „missbraucht das Erinnern für politische Zwecke“ kritisiert Kruses Co-Fraktionschef Alexander Wolf. Die AfD verurteile „jegliche Form von Antisemitismus“, behauptet Wolf.

In den 1990er-Jahren hatte der damalige Jurastudent Wolf, Alter Herr der rechts­ex­tre­men Bur­schen­schaft „Da­nu­bia“, das Liederbuch „Schlachtruf“ mit mindestens einem Lied der Hitlerjugend herausgegeben. Vor Kurzem hatte der AfD-Fraktionschef im Bundestag, Alexander Gauland, die Nazi-Diktatur als „Vogelschiss“ bezeichnet. Insofern ist die Frage, was die AfD aus dem Nationalsozialismus gelernt habe, durchaus von Belang.