Ralf Leonhard über Schikane gegen Österreichs Journalisten
: Die Guten ins Töpfchen

Ein Ministerium veröffentlicht ohne Rücksprache den E-Mail-Verkehr mit einem Journalisten, um diesen bloßzustellen. Im konkreten Fall mag die Wochenzeitung Falter eine Aktion des österreichischen Innenministeriums tatsächlich nicht richtig beurteilt haben. Doch mit welchen Methoden das Innenministerium die Glaubwürdigkeit des Falter-Chefredakteurs zu untergraben versucht, ist bisher einmalig.

Es verfestigt sich der Eindruck, dass der österreichische Innenminister Herbert Kickl und die FPÖ insgesamt ein Problem mit dem Qualitätsjournalismus haben. Die Boulevardblätter und Gratispostillen, die vom Ministerium mit fetten Anzeigen gefüttert werden, können jeden unbewiesenen Quatsch schreiben, ohne dass sie von den Spitzen der Regierung für mangelhafte Recherche gerügt würden. Hauptsache, sie berichten applaudierend über die Aktionen der Polizei und stellen die Ausländerkriminalität in den Fokus.

Das Innenministerium musste auf Anfrage des Falter die Ausgaben für Inserate offenlegen. Sie gingen seit Antritt der rechtsnationalen Regierung überwiegend an die Massenblätter und zum Teil an offen rechtsextreme Publikationen. Allein die Größe der Leserschaft kann kein Kriterium sein, denn nicht nur der Falter, auch der auflagenstarke Kurier bekam nichts.

Eine E-Mail an die Landespolizeidirektionen, die nie an die Öffentlichkeit gelangen sollte, enthüllte vergangene Woche, wie sich die Medienlandschaft für den Innenminister darstellt: Es gibt die braven Medien, die von der Polizei auch auf Streife eingeladen werden dürfen, und die „unausgewogen“ berichtenden, die mit dem gesetzlich notwendigen Minimum an Auskunft abgespeist werden sollen.

Echte Recherche ist unerwünscht. Innenminister Kickl, der sich in einer medialen Wagenburg verschanzt, erweist sich zunehmend als Achillesferse einer sonst sehr geschmeidigen rechtsnationalen Regierung, deren Markenzeichen ansonsten die hochprofessionelle Kommunikation ist.

medien