Zettel mit nachhaltiger Wirkung

Mit dem ersten Saisonsieg gegen den VfB Stuttgart verschafft sich Hannovers Trainer André Breitenreiter Luft. Er kann nun weiter daran arbeiten, aus einem Club mit wenig Geld einen mit vielen Ideen zu machen

Von Christian Otto

Unheimlich viel investiert, endlich auch dafür belohnt, oft schlechter dargestellt als bisher gespielt: Als André Breitenreiter zu den vielen Lobeshymnen für seine eigene Mannschaft ansetzte, dürfte auch jede Menge Dankbarkeit im Spiel gewesen sein. „Wir genießen den Moment, das war der erste Schritt“, sagte der Cheftrainer von Hannover 96 mit Heimvorteil nach dem ersehnten Erfolgserlebnis am 7. Spieltag.

André Breitenreiter erwartet dank des ersten Saisonsieges gegen den VfB Stuttgart eine Länderspielpause, in der nicht über ihn, den eher schwachen Saisonstart seines Teams und mögliche Konsequenzen diskutiert wird. Hannover hat den ersten Saisonsieg in der Fußball-Bundesliga bejubelt und ist nach dem 3:1 nicht mehr Tabellenletzter. Ganz unten steht jetzt der VfB Stuttgart, der seinen Trainer Tayfun Korkut dafür entlassen hat.

Diese Debatten im Profifußball sind meistens bescheuert. Nach sechs Spieltagen schon darüber nachzudenken, ob der Trainer noch der richtige ist, macht eine merkwürdige Branche noch merkwürdiger. Breitenreiter hat Hannover 96 im Mai 2017 zurück in die 1. Liga geführt. Seitdem versucht er mit Elan etwas aufzubauen und weiterzuentwickeln, das nicht nur kurzfristigen Erfolg verspricht.Breitenreiter ist in der Region Hannover aufgewachsen und ein wichtiger Beitrag dazu, dass sich der Großteil der Fans mit dem Verein gerne identifiziert.

Es gibt erschreckend viele Vereine in der 1. Liga, die deutlich mehr Geld in ihre Mannschaft investieren können als Hannover 96. Auch der VfB Stuttgart gehört dazu und müsste aus seinen Voraussetzungen eigentlich mehr machen können. Um genau diesen Unterschied auszugleichen, sind clevere Ideen von Breitenreiter gefragt.

Kaum ein anderer Trainer im Profigeschäft achtet so detailverliebt darauf, mit welcher Strategie und welchem System der Gegner geärgert werden kann. Auf dem Weg zum Erfolg gegen Stuttgart hat Breitenreiter während des Spiels einen Zettel verteilt. Auf dem konnten seine Spieler nachlesen, wie die Grundordnung der Mannschaft während der Partie mal eben so geändert wird.

Besonders gut aufgepasst hat zuletzt offenbar der Stürmer Bobby Wood. Der Amerikaner ist mit dem Hamburger SV aus der 1. Liga abgestiegen, an Hannover 96 ausgeliehen worden und eigentlich nicht als Experte für Kopfbälle bekannt. Flanke in den Strafraum, Direktabnahme durch die Angreifer: Breitenreiter hat genau diese Variante zuletzt verstärkt üben lassen und dabei gestaunt, wie gut Wood sein kann, wenn ihm man ihm Vertrauen ausspricht.

Zwei Flanken von Miiko Albornoz, zwei Kopfballtore von Wood plus ein Treffer in der Nachspielzeit durch Ihlas Bebou: Fertig war der Heimsieg gegen Stuttgart. Was der Trainer da in Hannover anzettelt, klingt zunächst simpel, ist aber sehr durchdacht. Es kann den feinen Unterschied ausmachen, den 96 braucht, um besser als die Guten zu sein.