RWE drosselt Förderung der Braunkohle

Ab Ende 2019 könnten die Bagger im Tagebau Hambach nach und nach zum Stillstand kommen

„Da geht es nur um die Kohle, in beiderlei Wortsinne“

Dirk Jansen, Geschäftsführer BUND Nordrhein-Westfalen

Von Andrew Müller

Nach dem vorläufigen Rodungsstopp am Braunkohletagebau Hambach will der Energiekonzern RWE die Förderung dort drosseln. Man gehe von einer Reduzierung um etwa 10 bis 15 Millionen Tonnen Braunkohle im Jahr aus, sagte ein Unternehmenssprecher am Dienstag. Das wäre ein Rückgang um bis zu 38 Prozent. In der Folge könnte die Stromerzeugung in den Kraftwerken Neurath und Niederaußem zurückgehen, teilte das Unternehmen mit. Ab Ende 2019 könnten die Kohlebagger stillstehen, weil der Hambacher Forst im Weg ist.

Nach dem vom Oberverwaltungsgericht Münster verhängten Rodungsstopp geht der Konzern von einem jährlichen wirtschaftlichen Schaden in niedriger dreistelliger Millionen-Euro-Höhe aus. „Es ist noch zu früh, Aussagen über personelle Konsequenzen zu machen“, sagte ein Sprecher der taz. „Zuerst müssen die betrieblichen und kommerziellen Aspekte geklärt werden.“

Die Braunkohlekritikerin Antje Grothus begrüßte die von RWE angekündigte Drosselung: „Aus klima- und umweltpolitischer Sicht ist das gut.“ Das Unternehmen habe durch seine kompromisslose Haltung jedoch ein Glaubwürdigkeitsproblem und wolle „jetzt natürlich sein Gesicht wahren“. Ob die Drosselung aus betrieblicher Sicht wirklich notwendig sei, müssten unabhängige Bergbaufachingenieure beurteilen, von denen es aber leider viel zu wenige gebe, so Grothus.

Auch der NRW-Geschäftsführer des BUND Dirk Jansen bezweifelte die Argumentation von RWE. Die Ankündigung werde sich als „inhaltsleere Drohgebärde entpuppen“. Es handele sich um ein Signal an die Politik und um eine versteckte Drohung mit dem Abbau von Arbeitsplätzen. RWE habe auch in der Vergangenheit schon „auf Vorrat gerodet“. Insbesondere verwies Jansen auf eine von Greenpeace in Auftrag gegebene technische Schnellanalyse, die ergeben hatte, dass es möglich ist, weiterhin Braunkohle in Hambach zu fördern, ohne den Wald zu roden. Voraussetzung sei ein steilerer Böschungswinkel. Das sei machbar, aber teurer: „Da geht es nur um die Kohle, in beiderlei Wortsinne“, sagte Jansen. Zu bedenken sei auch, dass nur etwa zwei Drittel der Hambach-Kohle überhaupt in Kraftwerken lande. Ungefähr 12 Millionen Tonnen würden jährlich für die sogenannte Veredelung benutzt – und seien durch andere Energieträger ersetzbar.

Andreas Nörten, Sprecher beim NRW-Bergbauamt, bestreitet das. Zu den aus der Hambacher Kohle hergestellten Veredelungsprodukten gehören zum Beispiel Briketts. Fehlen sie, kommt es auf dem Markt zu Engpässen, sagte er. Das träfe vor allem kleine Betriebe. Außerdem sei die Hambach-Kohle nicht einfach durch andere Kohle ersetzbar, weil sie eine besonders hohe Qualität hat. Die Greenpeace-Studie sei ein „Schnellschuss“, der technische Details ignoriere und außer Acht lasse, dass ein zu steiler Winkel zu Böschungsrutschen führen könnte. Die Sache werde nun von den Gerichten en détail geprüft.

Öko-Suchmaschinenanbieter Ecosia hat RWE ein Angebot gemacht und 1 Million Euro für den Hambacher Wald geboten. „Dieses Angebot kommentieren wir nicht und werden darauf auch nicht reagieren“, hieß es bei RWE.