Andreas Speit
Der rechte Rand
: Wenn Neurechte streiten

Öffentlich in der Kritik zu stehen, dürfte für Karlheinz Weißmann, den führenden Publizisten der Neuen Rechten, eine neue Erfahrung sein. Auf Twitter schlägt ihm jedenfalls mehr als ein Friendly Fire vom rechten Rand entgegen. Weißmann sei „nicht mehr als ein bürgerlicher Feigling, der zu keinerlei Konsequenz bereit“ sei, so Philip Stein. Stein ist Leiter des flüchtlingsfeindlichen Kampagnenprojekts „Ein Prozent“, in dem sich deutsche und österreichische Aktivisten der rechtsextremen Identitären Bewegung vernetzen, Sprecher des stramm rechten Dachverbands Deutsche Burschenschaften und vertreibt im eigenen Kleinverlag die Werke rechtsradikaler Autoren. „Hauptsache der Vorgarten ist anständig gemäht.“

Auch der neurechte Publizist Benedikt Kaiser hält Weißmann vor, „regalmeter Kluges“ über die „bündische Jugend“ schreiben zu können, „aber keine Nacht im Zelt mit Weggefährten verbracht“ zu haben. Sein „Einfluss“ wäre nie groß gewesen, „nun ist er auch noch überflüssig“, schreibt er auf Twitter.

Was ist geschehen, dass ein neurechter Denker wie Weißmann, der das „Institut für Staatspolitik“ mitgründete, in den eigenen Reihen auf so viel Widerstand stößt? In der Jungen Freiheit hat er selbst die Debatte der jüngeren Neuen Rechten zur linken 68er-Bewegung und eine Querfrontstrategie angestoßen. Er wählte harte Worte, nannte aber keine Namen. In seiner Kolumne „GegenAufklärung“ schreibt er in der neurechten Wochenzeitung: „Es gab auf der Rechten schon immer eine merkwürdige Spielart der Sympathie für die Achtundsechziger. Das hatte manchmal nur mit dem Wohlwollen gegenüber jeder Jugendbewegung zu tun (…) oder freundlich gefärbten Erinnerungen an die eigenen Zeiten als Stürmer oder Dränger, im Braunhemd etwa.“ Das „Braunhemd“ reizte.

In der Ausgabe vom 21. September legte Weißmann nach: Entscheidender sei aber die Scham mancher Weggefährten, dass „Leute wirklich Ernst machten. Daher die Verschwörermiene, mit der einer durchblicken ließ, daß er von Bernward Vesper (Lebensgefährte von Gudrun Enssslin, Anm. der Red.) wusste“, der „zu uns‘ gehörte, oder das Tremolo in der Stimme, wenn es um Baader und Ensslin und Meinhof ging (…) die aber wenigstens die Konsequenzen aus dem ewigen Gerede zogen“. Dieser positive Bezug auf die linke Militanz sei einem „Minderwertigkeitskomplex“ geschuldet, schreibt er weiter: „Was erklärt, warum die revolutionäre Attitude auf Teile der heimatlosen Rechten so anziehend wirkt, der eine den Dutschke gibt, der andere die steilere Vergangenheit nachspielt“, schreibt er und beklagt die Hinwendung zum „Nationalbolschewismus und Zwischenkriegsfaschismus à la Drieu la Rochelle“.

Stein und Kaiser haben sich offenbar angesprochen gefühlt. In seinem „Jungeuropa Verlag“ hat Stein unlängst den autobiografischen Roman von la Rochelle neu veröffentlicht und hier erschien gerade das Buch „Marx von Rechts“, das Kaiser mitverfasst hat.

Wie tief die Kluft ist, verheimlicht die Junge Freiheit nicht. Das Marx-Buch nahm ihr Buchdienst inzwischen aus seinem Programm.