Torben Becker
sichtet die sozialen Bewegungen der Stadt
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Zur Identität Berlins gehören linke Freiräume wie Bolle, Eisbären und Buletten. Doch im Gegensatz zu Letzteren sind Hausprojekte, Kollektivkneipen oder Alternative Jugendzentren zunehmend von Räumungen bedroht. Sie scheinen keinen angestammten Platz in der urbanen Kapitallogik namens Gentrifizierung zu haben. Die zivilgesellschaftliche Kritik daran ist einerseits unüberhörbar geworden, andererseits politisch zum Teil unerhört. Das zeigen die Kämpfe der letzten Monate: Alt eingesessene Leuchttürme der alternativen Szene wie „Potse & Drugstore“ in Schöneberg, das queer-feministische Hausprojekt „Liebig34“ in Friedrichshain oder das Kneipenkollektiv „Syndikat“ in Nordneukölln sollen zum Jahresende ausziehen. Doch die Rechnung wird (leider) oft ohne die Aktivist*innen gemacht. Mit neuen Aktionsformen findet der Gegenprotest zur urbanen Verdrängung Unterstützung in immer breiteren Gesellschaftsschichten. Es passiert viel, auch diese Woche:

Die Unternehmensgruppe Padovicz tritt in Berlin bereits seit den 90ern als Modernisierer ganzer Wohnblöcke in Erscheinung. Die Folgen sind oft Mieterhöhungen, Abflachung gewachsener sozialer Strukturen und Verdrängung. Ihre Strategie ist zum Nachteil vieler Mieter*innen oft kompromisslos. Davon ist beispielsweise auch das genannte Hausprojekt Liebig34 betroffen. Vor ihrem Firmensitz findet heute eine gemeinsame und mit Kochtöpfen lärmende Kundgebung statt, denn die Mieter*innen wollen Profiten nicht weichen (25. 10., Kurfürstendamm 178/179, 15.30 Uhr).

Am Abend findet eine 2. Kiezversammlung statt, um über den Verbleib der mit ihrer Umgebung eng verwachsenen Kiezkneipe Syndikat zu diskutieren. Was tun, um Räume wie diesen zu schützen? (25. 10., Weisestraße 56, 19 Uhr).

Es geht jedoch nicht nur um die Konservierung von Bestehendem. Das zeigt einerseits der sogenannte „Herbst der Besetzungen“, der manch neuen Freiraum erblühen lässt. Andererseits öffnet am Samstag im ehemaligen Szene-Laden „Red Stuff“ in Kreuzberg beispielsweise das MaHalle seine Türen zur Schaffung nicht-kommerzieller, politischer Infrastrukturen für die Nachbarschaften. Wöchentlich entsteht hier samstags ein Forum zum Austausch, Essen und Solidarisieren (27. 10., Waldemarstraße 110, 12 Uhr).

Um Letzteres geht es auch am Montag. Aktivist*innen der Potse & Drugstore werden im Syndikat über ihren jahrelangen Kampf um Erhalt der alternativen Jugendzentren berichten. Es geht darum eine „Interkiezionale Solidarität“ aufzubauen (29. 10., Weisestraße 56, 20 Uhr).