Doppelmord im Staatsforst

Fast 30 Jahre hat es gedauert, bis die Doppelmorde von Göhrde aufgeklärt wurden. Ein pensionierter LKA-Beamter suchte den Mörder seiner Schwester – und stieß auf die Spur

Von Marco Carini

Innerhalb weniger Wochen erschüttern zwei Doppelmorde die Menschen in Lüneburg und Lüchow-Danneberg. Es ist das Jahr 1989. Im Staatsforst Göhrde werden zwei Paare umgebracht. Der zweite Doppelmord findet statt, während die Ermittler nur wenige hundert Meter entfernt sind und Spuren des ersten Verbrechens sichern. Im selben Zeitraum verschwindet die damals 41-jährige Lüneburgerin Birgit Meier, ganz in der Nähe. Ihre Leiche wird nie gefunden.

Die Doppelmorde bleiben fast 30 Jahre lang unaufgeklärt, die Sonderkommission wird aufgelöst, die Ermittlungsakten verschwinden im Archiv. Der Göhrder Staatsforst wird in Medienberichten immer wieder „Totenwald“ genannt. Fußgänger meiden ihn. Die Ermittlungen im Fall Birgit Meier führen hingegen zum Erfolg und zu einer Festnahme. Vier Jahre nach ihrem Verschwinden wird Anklage wegen Mordes gegen den Friedhofsgärtner Knut-Werner Wichmann erhoben. Er begeht Suizid in der Gefängniszelle und entzieht sich einem Strafverfahren. Die Ermittlungen werden eingestellt.

Dass sie vor einem Jahr wieder aufgenommen wurden, geht auf eine Ini­tiative des pensionierten Hamburger LKA-Chefs Wolfgang Sielaff zurück. Er ist der Bruder von Birgit Meier. Nach seiner Pensionierung macht er sich mit dem Hamburger Rechtsmediziner Klaus Püschel und dem Strafverteidiger Gerhard Strate auf Spurensuche. Mit dem Ergebnis, dass Wichmann der Mörder von Sielaffs Schwester ist.

Sielaff erhält vom neuen Eigentümer von Wichmanns damaliger Garage eine Genehmigung, Grabungen durchzuführen. Im September 2017 werden die sterblichen Überreste von Birgit Meier entdeckt – unter der Garage. Im Dezember dann gibt die Polizei Niedersachsen bekannt, dass Wichmann auch für die beiden Göhrde-Doppelmorde dringend tatverdächtig ist. Sie richtet eine Ermittlungsgruppe ein.

Neu analysierte DNA-Spuren im Wagen eines der Paare erhärtet den Verdacht. Die Ermittlungen werden ausgeweitet. Im Januar 2018 teilt der Lüneburger Polizeipräsident Robert Kruse mit, dass man davon ausgehe, Wichmann sei ein Serienmörder, der möglicherweise Dutzende Menschen getötet habe. Dutzende ungeklärte Mordfälle in der ganzen Bundesrepublik, die mehr als 25 Jahre zurückliegen, werden neu aufgerollt.

Zudem legt die Rekonstruktion von einem der beiden Doppelmorde nahe, dass Wichmann hier einen unbekannten Helfer gehabt haben muss. Die Ermittlungen dauern an.