Milliardenhilfen für Kohleregionen

Kommission fordert Investitionen in Verkehr, Internet, Forschung. CO2-Emissionen der EU steigen

Von Bernhard Pötter

Nach den Empfehlungen der „Kohle-Kommission“ zum Strukturwandel beharrt Sachsens Ministerpräsident Matthias Kretschmer (SPD) darauf, über die Abschaltung von Kraftwerken erst dann zu sprechen, wenn die Frage von neuen Jobs in den Kohlerevieren geklärt ist. Er befürchte, dass man zu schnell ein Ausstiegsdatum festlege, die Schaffung von Arbeitsplätzen aber den Ländern überlasse, sagte Kretschmer. Die Kommission nehme die Probleme der Braunkohle ernst, blende aber den Import von Steinkohle aus, hieß es von der katholischen Entwicklungsorganisation Misereor: Deren Abbau sei „mit massiver Gewalt, schlechten Arbeitsbedingungen, mit Vertreibung und Umweltzerstörung verbunden.“

Ansonsten gab es kaum Kritik am Zwischenbericht der Kommission, der am Donnerstagabend verabschiedet worden war. Darin empfehlen die Mitglieder Strukturhilfen in Milliardenhöhe für die betroffenen Abbaugebiete Lausitz, Mitteldeutschland und Rheinland. Sie sollten „Innovationsregionen“ werden, wo der schnelle 5G-Internetstandard geprobt wird. Außerdem sollten sie ihre Expertise als „Energieregionen“ für Forschungen über Stromnetze, „grüne Fernwärme“ und die Umwandlung von Windenergie in Gas nutzen. Möglich seien auch ein „Glascampus Torgau“, die Stärkung der Uni Cottbus und ein Forschungszentrum zur „stofflichen Nutzung“ von Braunkohle in der Petrochemie.

Ein „Revierbonus“ soll dafür sorgen, dass künftig schneller gebaut und weniger geklagt werden könne als bisher. Die Autobahn A13 zwischen ­Berlin und Dresden soll ausgebaut werden, eine neue Straße zwischen der Lausitz und dem Mitteldeutschen Revier in Ost-West-Richtung wird gefordert. Der Bericht wiederholt die Zusicherung aus dem Koalitionsvertrag, 1,5 Milliarden Euro bis 2021 für die Strukturentwicklung zur Verfügung zu stellen. Von den 2 Milliarden über 30 Jahre, die Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg „als Minimum“ gefordert hatten, ist nicht die Rede. Aber: Der Bund solle Behörden ansiedeln.

Einen Zeitplan für den Ausstieg nennt der Bericht nicht. Dieser soll nun ausgehandelt werden. Im Gespräch sind 2035 oder 2038, die Kohleländer beharren auf einem späteren Termin. Dagegen hatte ein Gutachten gezeigt, dass Deutschland schon bis 2030 aussteigen müsste, um seinen Anteil dabei zu leisten, die Klimaerwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen.

Die Chancen dafür stehen schlecht: Am Freitag gab die Europäische Umweltbehörde (EEA) bekannt, dass die Emis­sionen in der EU 2017 nicht gesunken, sondern um 0,6 Prozent gestiegen sind. Das EU-Parlament forderte, das europäische Klimaziel von minus 40 Prozent bis 2030 auf minus 55 Prozent zu verschärfen.